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Rechnungshof: Zeigt her eure Bilanz!

■ Wurden in der Sozialbehörde Steuermittel verschwendet?

Hamburgs RechnungsprüferInnen werden der Sozialbehörde (BAGS) wohl bald einen Hausbesuch abstatten. Ihre Zahlenkolonnen-geschärften Augen werden danach fahnden, ob in der Behörde ein zu laxer Umgang bei der Verwendung von Haushaltsmitteln herrscht. Rechnungshofpräsident Hermann Granzow bestätigte gestern, daß seine MitarbeiterInnen jetzt in der BAGS den Vorwürfen der Verschwendung von Steuermitteln nachgehen würden. Eine ehemalige Mitarbeiterin der Sozialbehörde hatte die Anschuldigung erhoben, daß es Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung mit Vereinen und Organisationen gebe, die Geld von der BAGS bekommen.

Die 57jährige Steuerbevollmächtigte hatte als ABM-Kraft zweieinhalb Jahre in der Sozialbehörde gearbeitet. Nach Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses wandte sie sich an den Eingabenausschuß der Bürgerschaft: In der BAGS würden die Buch- und Kassenführungen der Zuwendungsempfänger nur unzureichend überprüft, so ihre Beschwerde. Sie selbst habe allein 450.000 Mark zurückfordern können, obwohl sie bei ihren Recherchen behindert worden sei. In einem Fall habe ein Harburger Verein in vier Jahren 3,5 Millionen Mark kassiert, aber keine Kassen- und Buchführung vorweisen können. 180.000 Mark sollen sich sogar auf dem Privatkonto des Vereins-Buchhalters befunden haben. Die er offensichtlich aber anstandslos und in bar zurückgezahlt habe.

Die Sprecherin der Sozialbehörde, Christina Baumeister, dementierte die Vorwürfe und sprach von einem „kleinen privaten Rachefeldzug“: „Es gab erhebliche Probleme mit der Frau.“ Sicherlich könne es vorkommen, daß Zuwendungsempfänger nicht so mit den Mitteln umgingen, wie es sich gehöre, so Baumeister, aber dies werde in der BAGS überprüft. Allein in den Monaten Januar bis September 1993 seien rund 8,5 Millionen Mark zurückgefordert worden. „Mit Behördenschlamperei hat die ganze Sache also nichts zu tun.“

Rechnungshofpräsident Hermann Granzow sieht das anders; für ihn sind die Berichte über den Vorgang „sehr dramatisch“. Anfang Februar werde seine Behörde dem Eingabenausschuß der Bürgerschaft, der den Rechnungshof über den Fall informiert hatte, über die Ermittlungsergebnisse berichten. Mitte April werde der Jahresbericht des Rechnungshofes vorgelegt, in dem die Öffentlichkeit dann über die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchungen aller Behörden informiert werde. taz/dpa

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