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Realexistierender Wahnsinn

■ betr.: „Taubstummenschule & Pseudopolitik“ von Reinhard Kahl, taz vom 3.12. 96

Ich hatte gerade das außerordentlich erquickende Vergnügen, den Artikel zur Hochschulpolitik überflogen zu haben.

In der Tat ist es so, daß sich die Parlamentarier in ihrer überwiegenden und übelriechenden Mehrheit kein Bild davon machen können, wenn die Studierenden eines Fachbereiches im Sommersemester 96 ohne Etat arbeiten müssen, was in Fächern der Chemie, Physik oder Rechnertechnik (Design) absolut tödliche Folgen haben kann.

Ein anderes Beispiel ist der Fall, daß der potentielle Student erst gar nicht zum Studium zugelassen wird und statt dessen den erniedrigenden Weg zum Arbeitsamt zu beschreiten hat, wo ihm/ihr sogleich bedeutet wird, „wir können nichts für Sie tun, außer Sie verwalten und, wenn Sie sich nicht wohlverhalten, Ihre Leistungen kürzen“. Schließlich kann der/die potentielle StudentIn noch nicht einmal ein anderes Studienfach belegen, wenn er Bafög beziehen muß, da er sonst über die Regelstudienzeit hinaus sein Studium und die damit verbundene Verschuldung seines Studiums zu gewärtigen hat.

Ich könnte diese Liste noch unendlich weit fortsetzen, besonders daß ich unter die zweite Kategorie falle, weder Studien- noch Ausbildungsplatz in diesem Jahr bekommen habe. Ganze taz-Seiten kann man mit diesem realexistierenden Wahnsinn füllen, Tag und Nacht, ohne zu schlafen, zu trinken oder zu essen.

Weder in Bonn noch sonstwo will es jemand hören, und daher müßte man, wäre es nicht gegen die Verfassung dieses Landes, solchen Leuten das Reden über Probleme, von denen sie rein gar nichts verstehen, eigentlich bis in alle Zeit verbieten. Matthias Ferch, Wuppertal

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