■ Reaktionen zum Israel/Palästina-Konflikt: Ein Stellvertreterkrieg
betr.: „Europäer planen neue Nahostinitiative“, „Ohne dritte Seite keine Befriedung“, taz vom 10. 4. 02
Krieg in Israel und Palästina, schreckliche Dinge geschehen. Längst ist es nicht weiter möglich, von Aktion und Reaktion zu sprechen. Beide tun beides. Die Situation ist so zerfahren, die einzige Möglichkeit meiner Meinung nach ist, dass beide gleichzeitig aufhören.
Was fällt diversen westlichen Staaten ein? Eine internationale Schutztruppe, bestehend aus so „friedliebenden“ Staaten wie den USA, deren so unauffällig betitelter Haushaltsüberschuss vornehmlich Beute aus lohnenden Kriegen und Waffengeschäften mit u. a. Israel ist. Dank des dort vorhandenen Kapitals können die Israelis mit modernstem Kriegsgerät gegen aufgrund ihrer Armut mit dem Leben gegen Israel kämpfende Palästinenser vorgehen.
Des Weiteren Großbritannien mit seiner anbiedernden Haltung gegenüber seiner ehemaligen Kolonie und netterweise deutsche BundesWehrsoldaten sollen die hochbrisante Lage entschärfen. Schöne Vorstellung für einen älteren Israeli, endlich wieder deutsche Soldaten paradieren zu sehen. Ich denke, das ist eine unglaubliche Frechheit der Bundesregierung, über so etwas laut nachzudenken.
Erst denken, dann reden. CHRISTIAN POHL, Braunschweig
betr.: „Die Israelis stehen mit dem Rücken zur Wand“ (Ralph Giordano), taz vom 10. 4. 02
Der Krieg im Nahen Osten zieht, um so gnadenloser er ausgetragen wird, einen tiefen Graben durch die Gesellschaften in Europa, und das wird auch von den polarisierenden und diffamierenden Hardlinern beider Seiten gewünscht. Jeder der jetzt vorprescht und meint, den Übeltäter ausgemacht zu haben, verkennt eines: Wie so viele Kriege ist auch dieser ein Stellvertreterkrieg.
Die Existenz Israels steht auf dem Spiel genauso wie die der Palästinenser. Die arabische Welt hält diesen Konflikt bewusst am Kochen, weil es letztlich einen Trumpf darstellt, um die USA daran zu hindern, „die Weltordnung nachhaltig zu verändern“ (Präsident Bush). Man stelle sich vor, wie der Nahe Osten aussieht, wenn der Irak von den USA und Großbritannien angegriffen wird. Ohne einen Frieden der arabischen Länder mit Israel gibt es keine friedliche Koexistenz zwischen einem Staat Palästina und dem Staat Israel.
Schlägt sich Europa auf die Seite der Palästinenser, indem es Sanktionen gegen Israel beschließt und ein rudimentärer Antisemitismus an die Öffentlichkeit dringt, kann es parteiischer werden als es die USA sind. Europa darf seine historische Verantwortung in diesem Konflikt nicht ignorieren. […]
ERLING PLAETHE, Berlin
Es ist schon erschütternd, wie ein analytischer Kopf wie Ralph Giordano sich verrennt, wenn er auf den palästinensischen Terror verweist, gegen den Israel mit Scharon als Regierungschef so aggressiv vorgeht. Es ist nun einmal kein Ausdruck von Antisemitismus und Dummheit, auf den Nährboden für Terror zu verweisen, ohne dessen Beseitigung ein Vorgehen gegen Symptome lächerlich ist. Es ist sozusagen israelfeindlich, in diesen Fragen das Pferd von hinten aufzuzäumen. Wie weit ist der Konflikt emotionalisiert, dass diese Binsenwahrheit dann doch sogar Giordano entgleitet? BERNHARD TRAUTVETTER, Essen
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