■ Reaktionäre Hochschulpolitik: Roßtäuscherei
Abgeordnete! Aufwachen! Ja, es ist schon ein Kreuz mit dem Parlamentarismus. Alles so kompliziert, und nach der Sommerpause kommt es knüppeldick: Akademie, Schiller Theater... Wer will da noch die Mogelpackung „Haushaltsstrukturgesetz“ begreifen, in der es nicht um Geld, sondern nur um Hochschulpolitik geht und sonst gar nichts.
Nein, so einfach darf AbgeordneteR sich nicht aufs Kreuz legen lassen. Immerhin wird im „Haushaltsstrukturgesetz“ die reaktionärste Hochschulpolitik exekutiert, seitdem das Verfassungsgericht 1973 die Demokratie an den Unis ständisch organisierte. Der neue Paragraph 89 des Berliner Hochschulgesetzes beschneidet das ureigenste Recht der Hochschulen: Forschungs- und Studiengänge einzurichten. Der Staat hat nicht zu bestimmen, was geforscht und in welchen Fächern wissenschaftliche Bildung betrieben wird. Es ist höchst fraglich, ob ein solches Eingriffsrecht verfassungskonform ist. Über Studiengebühren zur Säuberung der Kartei kann man streiten. Aber nicht in einem Moment, wo fast kein Studiengang mehr in der sogenannten Regelstudienzeit zu absolvieren ist.
So reaktionär der Inhalt, so undemokratisch das Verfahren. Der Senator betreibt einfach eine Roßtäuscherei. Und (fast) keiner merkt's. Mit der SPD springt der Christdemokrat Erhardt um, wie es ihm beliebt. Vor vier Tagen versicherte deren wissenschaftspolitischer Sprecher Bert Flemming: Mit uns keine Studiengebühren. Ein gleichlautender Parteitagsbeschluß aber hat ihm nur den Rücken gestärkt, nicht die Augen geöffnet. Christian Füller
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen