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Read.MeDas Zarenschwert

■ Warnung vor der „Fernsehdiktatur“

Das Fernsehprogramm entspricht im wesentlichen dem Angebot auf einem Unterhaltungsdampfer: viel Kurzweil und gelegentlich auch ernste Töne. Doch der bunte Schein trügt, behauptet Gerhard Wisnewski in seinem Buch „Die Fernsehdiktatur“: Darin „analysiert er die modernen Waffen der Medientyrannen“, und deren erschreckendste, man ahnt es, ist das Fernsehen, „das Schwert der Medienzaren“. Wisnewski glaubt eine „schleichende Systemveränderung“ entdeckt zu haben: „Machthungrige Diktatoren müssen nur noch zugreifen.“

Ja, dem Kanzler Kohl attestiert der Autor das Potential eines „Fernseh-Diktators“. Eifrig sammelt er Indizien, um die Willfährigkeit des öffentlich- rechtlichen Rundfunks zu belegen. Den einstigen SDR-Intendanten Willibald Hilf denunziert er als Kohl-Marionette; dabei hat sich Hilf in wesentlichen Fragen gegen die CDU gestellt.

An anderer Stelle soll Wisnewskis bemüht lockerer Tonfall über Oberflächlichkeiten und Simplifizierungen hinwegtäuschen. Geradezu absurd mutet seine Anklageschrift an, wenn er dem Fernsehen vorwirft, das Fernsehen zu sein (weil es mit Bildern, die ständig in Bewegung sind, die Aufmerksamkeit auf sich lenken will). Ohnehin ist das Buch immer dann lehrreich, wenn Wisnewski historische Wirklichkeit beschreibt, aber stets diffus, wenn er über Wirkungen spekuliert oder seinen eigenen Geschmack (er mag „ZAK“ nicht) generalisiert.

Gerade in den Kapiteln über die modernen Medientycoons (Maxwell, Murdoch, Berlusconi) verläßt sich Wisnewski überwiegend auf Material aus zweiter Hand, das er teilweise seitenlang zitiert (das Kirch- Kapitel ist so etwas wie eine Kurzfassung von Michael Radtkes „Außer Kontrolle“), sein Buch mündet schließlich in die Beschwörung eines weltweiten, von der CIA beeinflußten Netzwerkes. Sympathisch immerhin sein Aufruf zum Kampf für eine gesunde Medienlandschaft, weil alles andere eine Katastrophe für die intellektuelle Ökologie des Globus sei. Tilman P. Gangloff

Gerhard Wisnewski: „Die Fernsehdiktatur“. Knesebeck Verlag, München, 256 S., 36 DM

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