■ Rauchen gefährdet kriminelle Machenschaften: Selbstbedienung
Die Bedenken von moralbewussten Menschen gegenüber dem Hang zum Glimmstengel hat Max Goldt einmal mit den Worten „Wer raucht, stiehlt auch“ treffend zusammengefasst. Angestellte eines Pankower Großhandels haben jetzt bewiesen, dass die Wirklichkeit viel grausamer ist: Wer zuviel Zigaretten stiehlt, läuft Gefahr, sich erwischen zu lassen.
Alles begann damit, dass ein 35jähriger Schichtleiter, also jemand, der das sorgfältige Auffüllen der Regale mit bunten Waren beaufsichtigt, es seinen Kollegen erlaubte, allerlei Nutzgegenstände aus dem Lager zu entfernen. Schnell meldete der Flurfunk, dass der Hellersdorfer beide Schichtleiteraugen zudrückte. So mancher brave Regal-Auffüller schickte sich an, seinen Lieben zu Hause mit Elektrogeräten, Computern und Spielwaren eine Freude zu machen. Waren im Wert von mehreren 100.000 Mark wurden im Osten der Stadt auf diese Art und Weise in Volkseigentum überführt.
Vor allem aber wechselten große Mengen an Zigaretten den Besitzer. Weil Kunden zu den Räumen keinen Zutritt haben, gerieten schnell die Mitarbeiter ins Visier der beauftragten Detektive. Die erwischten den Schichtleiter und zwei seiner Spießgesellen in der Nacht zum Mittwoch auf frischer Tat. Insgesamt ermittelt die Polizeigegen 22 Beschuldigte.
Auf das Grundgesetz, das die Sozialisierung von Eigentum nur in Ausnahmefällen vorsieht, werden sich die Ertappten schwerlich berufen können. Ob es sich bei ihnen um starke Raucher handelt und die Anklage also nicht auf Betriebsdiebstahl, sondern auf Mundraub lauten muss, wird sich zeigen: Die Ermittlungen dauern an.
Andreas Spannbauer
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