: Rau fordert von Bonn Genugtuung
■ Maximalforderungen an den Bund/ Berlin-Umzug des Bundestags in acht Jahren/ Asbest im Reichstag
Berlin (dpa/ap/taz) — Der Beschluß des Bundestages, den Regierungssitz nach Berlin zu verlegen, hat dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau (SPD) offensichtlich arg zugesetzt. Als Kompensation für Bonn erwartet Rau jetzt vom Bund, daß alle durch den Umzug freiwerdenden Grundstücke und Gebäude kostenlos zur Verfügung gestellt und ein Sonderfonds gegründet werden soll, um private Investoren und internationale Kultur- und Forschungseinrichtungen für die ausgediente Hauptstadt zur Verfügung zu stellen.
Rau fordert „möglichst schnell“ die Regelung des Hauptstadt-Umzugs durch ein Gesetz. Genosse Hans-Jochen Vogel hält dagegen ein solches Gesetz für „nicht zwingend“. Schließlich sei zuvor auch Bonn nicht als Regierungssitz angezweifelt worden, obwohl er nie gesetzlich festgelegt worden war.
Unterdessen haben sich die Bundestagspräsdentin Rita Süssmuth (CDU) und die Spitzen der Bonner Fraktionen und Gruppen in einer Gesprächsrunde darauf geeinigt, daß der Bundestag erst bei einer vollen Arbeitsfähigkeit des Parlaments und damit frühestens nach acht Jahren von Bonn nach Berlin umzieht. Die Unterbringung des Parlaments in Berlin dürfe nicht erneut zu Provisorien führen.
Aus Berlin kommen unterdessen Hiobsbotschaften. Bei der baulichen Überprüfung des Reichstags ist offensichtlich die Verwendung von Asbest festgestellt worden. Nach Auskunft von Bundesbauministerin Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP) könnte das die Umbauphase des Reichstags bis zur vollen Nutzung als Bundestagsgebäude erheblich verlängern. Die Bundesbauministerin forderte den Berliner Senat indirekt auf, für das weitere Vorgehen in der Bauplanung Bundeskompetenzen zu beachten. Während der Berliner Senat „in großer Güte und voller Phantasie“ offenbar selber entscheiden wolle, den Spree-Bogen auszubauen und „irgendwo und unabhängig davon den Potsdamer Platz“ zu belegen, müßten erst die Grundlagen geschaffen werden. Dazu gehöre auch ein städtebaulicher Wettbewerb.
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