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■ Rau auf dem Landesparteitag der SPD in Bielefeld:Die Politik der Trippelschritte

Seit 1980 regiert Rau in NRW mit absoluter Mehrheit. Warum? Wer die Frage beantworten will, sollte nach Bielefeld schauen. Dort wurde eine kommunalpolitische Kehrtwendung beschlossen, die beispielhaft demonstriert, zu welchen Wendemanövern der SPD-Tanker in NRW fähig ist, wenn Sturm droht.

Das hat viel mit dem Kapitän zu tun, der wie kein anderer ein Gespür dafür hat, auf die unterschiedlichen Wetterlagen zu reagieren. Vor gut zwei Jahren ließ die SPD Innenminister Herbert Schnoor, der die Bielefelder Wende schon damals umsetzten wollte, brutal im Stich, weil viele kommunale SPD- Größen um ihren Einfluß fürchteten und glaubten, sich jede Blockadepolitik beim Wahlvolk erlauben zu können. Weil Rau um diese Konstellation wußte, vermied er es, die Sachfrage, die er ähnlich wie Schnoor beurteilte, mit seiner Person zu verbinden. Hätte Rau im Sinne Schnoors offensiv Position bezogen, die Reform wäre möglicherweise schon damals durchgekommen. Doch das Risiko einer Niederlage schien ihm zu hoch. Selbst das drohende oppositionelle Volksbegehren nahm er dafür trotz großer Bedenken in Kauf. Daß sich nach der Direktwahl von Scharping die Chance für eine im Wahlvolk populäre Revision bot, erkannte Rau dann als erster – und er nutzte sie.

Dieser Führungsstil ist für Rau typisch. Er ist niemand, der die Partei auf dem öffentlichen Markt vorwärtstreibt, sondern er administriert das, was die Befindlichkeit der SPD gerade noch erlaubt, ohne das Wahlvolk abzuschrecken. Was darüber hinausgeht, verfällt dem Verdikt: nicht durchsetzungsfähig.

Eine Politik der Trippelschritte ohne große Versprechungen und Visionen, die WählerInnen da abholen, wo sie sind; darauf beruht für Rau der Erfolg der SPD in NRW. Daß nicht nur die Juso-Landesvorsitzende ihm vorhält, in NRW werde Politik „in erster Linie verwaltet, nicht aber gestaltet“, ärgert ihn, weil er glaubt, viele Reformen – zum Beispiel im Schulbereich – erfolgreich umgesetzt zu haben. Recht haben indes beide.

Tatsächlich bedarf eine Politik im Stile Raus der innerparteilichen und außerparteilichen Antreiber. Für Rau spricht, daß er vieles davon aufnimmt und zum politisch opportunen Zeitpunkt umsetzt. Aus dieser partiellen Innovationsfähigkeit erklärt sich sein jahrzehntelanger Erfolg. Aber sein Abstand zu den großen Visionären der Geschichte beruht nicht auf Opportunismus. Immer suchte der Predigersohn während seines politischen Lebens eine Politik der Reformen inhaltlich zu begründen gegenüber jenen, die „den Himmel auf Erden versprechen“, aber die „Hölle“ schaffen. So schlecht lag der Mann damit nicht! Walter Jakobs

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