Rating-Agentur verwarnt Euro-Länder: Setzen, Zwei plus!
Eine kleine New Yorker Firma droht, Deutschlands bisher erstklassige Bonität herabzustufen. Weitere 14 EU-Länder und der EFSF wurden ebenfalls gewarnt.
Die Drohung von Standard & Poors war ein Warnschuss. Wegen der europäischen Schuldenkrise droht die Ratingagentur, die deutsche Bonität herabzustufen. Eine mögliche Folge wären höhere Belastungen für den Bundeshaushalt. Und nicht nur für den: Die Ratingagentur stellt die Bonität von 15 Eurostaaten infraget, darunter die des finanzpolitisch soliden Österreichs und der Niederlande.
Ratingagenturen bewerten aus der Sicht von Investoren, wie wahrscheinlich es ist, dass die Schuldner ihre Kredite zurückzahlen. Den weltweiten Markt der Ratings beherrschen dabei die drei in New York und London ansässigen Bewertungsfirmen Standard & Poors, Moodys und Fitch. S&P hat jetzt gedroht, deutsche Staatsanleihen herabzustufen, mit denen die Bundesregierung Kredite auf den internationalen Kapitalmärkten aufnimmt. Unklar ist, ob es tatsächlich dazu kommt.
In ihrer Begründung argumentieren die Analysten, Deutschland leide unter der europäischen Schuldenkrise. Diese beeinträchtige seine Wachstumsaussichten und damit auch die Möglichkeiten, die öffentlichen Schulden zu verringern.
Viele Politiker, darunter Finanzminister Wolfgang Schäuble und Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann, verstanden die angedrohte Herabstufung als Aufforderung, den Weg des öffentlichen Sparens weiterzugehen. Schäuble plädierte dafür, Schuldenbremsen in den nationalen Haushalten zu installieren, um die Kreditaufnahme zu verringern.
Mehr als 38 Milliarden Euro für Zinsen
Ökonomen von Banken wiesen mehrheitlich daraufhin, dass die Schuldenlast der Staaten nicht mehr steigen dürfe. Aber es gab auch Kritik an der Veröffentlichung von Standard & Poors. Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank bezeichnete die Agenturdrohung als "skandalös". Schließlich sei die Eurozone gerade dabei, ein striktes Sparprogramm aufzulegen.
Sollte es tatsächlich zu der Herabstufung kommen, könnten die schlechteren Bonitätsnoten dazu beitragen, dass Staaten höhere Zinsen an Investoren zahlen müssen, wenn sie sich durch den Verkauf von Staatsanleihen verschulden. Für 2012 rechnet Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bislang mit Zinsausgaben in Höhe von 38 Milliarden Euro. Möglicherweise reicht das nicht. Eventuelle Folgen: Die Regierung erhöht die Steuern, die die Bürger und Unternehmen zahlen, oder sie schränkt staatliche Ausgaben ein.
Gefährdet ist potenziell auch der europäische Stabilitätsfonds EFSF, mit dem die Eurostaaten gemeinsam eine Staatspleite verhindern wollen. Vom Rating der Mitglieder hängt die Bewertung des Fonds ab und damit die Summe, die er auf den Märkten mobilisieren kann. S&P kündigte am Dienstag an, auch die Bonität des EFSF zu überprüfen.
Die Ökonomen Ferdinand Fichtner und Dorothea Schäfer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung argumentieren allerdings, dass sich Ratings und Zinsen entkoppeln. Eine schlechtere Bewertung durch die Agenturen müsse nicht unbedingt zu steigenden Zinsen führen. So zahlen die USA, obwohl sie ihre Bestnote bei Standard & Poors bereits verloren haben, geringere Zinsen als zuvor.
Sollten die Ratingagenturen die Länderbewertung Deutschlands tatsächlich herabstufen, könnte dies mittelfristig auch Folgen haben für die Verbraucher. Es könnten höhere Zinsen für Konsumenten- und Immobilienkredite auslösen, denn wenn Agenturen Bonitätsnoten für Banken vergeben, orientieren sie sich am Länder-Rating des Staates, in dem die Institute arbeiten. Sinkt Letzteres, werden auch die Banken herabgestuft. Dann müssen die Finanzhäuser höhere Zinsen zahlen, wenn sie sich selbst Geld leihen. Diese Kosten geben die Banken in Form steigender Kreditzinsen an ihre Kunden weiter.
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