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■ Rassistische Werbung im „Image Medien Verlag GmbH“Post von der Putzfrau

Berlin (taz) – Das Werbeanschreiben kam von der Putzfrau. Anfang dieser Woche erhielt eine Berliner Werbeagentur einen Brief der Münchner „Image Medien Verlag GmbH“. Das Anliegen: Die Berliner Agentur möge ihre Kunden dazu bewegen, im München Journal zu annoncieren, einem monatlich erscheinenden Hochglanzmagazin mit Schwerpunkt Konsum und Kultur. Der Erfolg sei garantiert, der Anzeigenpreis nicht hoch. Die BerlinerInnen trauten ihren Augen nicht. Unterzeichnet war das werbende Schreiben mit „dich gut grüssen anna“.

Mit einiger Mühe kämpften sie sich durch den konfusen Text, der mit „griß god chefe“ überschrieben war. Die Raumpflegerin „anna Gübin“ – „immer alles grindlich putzen, fusbode, flise venster und schreibtisch von chefe“ – pries der Berliner Firma das München Journal in höchsten, wenn auch schwerverständlichen Tönen an. Nachts, beim Saubermachen der Büros der Zeitung, habe sie sich das Journal einmal angesehen: „Ich neugirig. Auch ali was ist meine mann auch immer sagen ich neugirig. – ooooh scheene foto. Gute papier. Ich anfangen zu lesen aber nix gut kennen. – Ich gelesen in journal busnisnes club magazin. Wo stehen wie machen aus wenig geld viel prozente. Mehr prozente als ali in kneipe um ecke.“ Schließlich wirbt die ausländische Reinigungskraft – denn für ihren deutschen Chef will sie nur das Beste: „viele scheene reklame in journal. Alle gut firma. Du auch gut firma. Du auch mitmachen.“

Statt sich nach den Anzeigenpreisen beim München Journal zu erkundigen, erbosten sich die Berliner: „Eine unverschämte Diskriminierung von AusländerInnen“, so Gudrun Wien von der Berliner Agentur. „Ausgerechnet in diesen Zeiten des Rassismus und der Übergriffe muß man so etwas lesen!“ Der Brief sei inzwischen auch bei anderen Firmen ihrer Branche eingegangen. „Nach Mölln“, so ihr Kollege Peter Kotolla, „kann man das nicht lustig finden.“

In der kleinen Redaktion des München Journal, die die Beiträge zusammenstellt, ist man ebenfalls wütend. Der Image-Verlag, der als Herausgeber des Journals die Anzeigenverwaltung und Kundenbetreuung erledigt, habe seine jüngste Werbeidee nicht mit der Redaktion abgesprochen. Redakteurin Alexandra Gonzalez: „Ich distanziere mich von diesem Brief.“ Das Schreiben sei „rassistisch“ und fachlich inkompetent dazu: „Natürlich findet man auf diese Weise keine Anzeigenkunden.“

Der Verlagsleiter der Image Medien Verlag GmbH und Herausgeber des München Journal, Volkhard Bleth, hat bereits „drei oder vier“ Beschwerdeanrufe bekommen. Völlig zu Unrecht, wie er glaubt, denn: „Ich kann in dem Brief keine Ausländerfeindlichkeit erkennen.“ Er habe mit dem Text nicht das geringste Problem. Wer die Putzfrau erfunden habe, will der Verlagsleiter gleichwohl nicht sagen, bestreitet schließlich sogar, daß das Schreiben aus seinem Haus überhaupt zur Anwerbung neuer Anzeigenkunden verschickt worden sei. Wozu dann? Zum Spaß? Ein Mitarbeiter habe den Brief ohne Kenntnis der Verlagsleitung verfaßt und verschickt. Es liefen „interne Gespräche“. Warum, wo es doch, laut Bleth, gar kein Problem gebe?

Er nehme „die Vorwürfe ernst“, beteuert Bleth, auch wenn er sie „nicht verstehe“. Wenn „ich mit meinem Auto absichtlich einen Türken überfahren würde, das wäre ausländerfeindlich“, erklärt der „chefe“ dann, „aber so ein Brief doch nicht, nur weil eine angebliche Putzfrau gebrochen Deutsch schreibt.“ Auf den Einwurf, jemanden absichtlich zu überfahren, wäre nicht nur ausländerfeindlich, sondern Mord, reagiert Volkhard Bleth nicht. Der Verlagsleiter und Journal-Herausgeber, ein „sehr heller Kopf“ (Bleth über Bleth), versteht die Aufregung seiner Berliner Kundschaft einfach nicht. Und auch das Gespräch mit der taz beendet er recht bald, nicht ohne die launige Empfehlung eines erfahrenen Geschäftsmannes: „Wenn Sie was schreiben wollen, schreiben Sie ihren Text selbst und lassen ihn nicht von Ihrer Putzfrau schreiben. Sie sehen ja, was dabei herauskommt.“ Bettina Markmeyer

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