■ Rassismus im Alltag?: „Man spürt den Rassismus überall“
Marcus Peters, 22 Jahre, Student
In Westberlin gibt es eine ganz merkwürdige Spielart des Rassismus. Viele Leute nehmen einem die Hautfarbe oder die andere Herkunft nicht übel, wenn man perfekt deutsch spricht. Aber sobald man nur noch gebrochen deutsch spricht, klinkt bei den meisten der Verstand aus. Dann sind sie eher zu rassistischen oder abfälligen Bemerkungen bereit. Das ist ganz merkwürdig.
Ingrid Meinert, 67 Jahre, Rentnerin
Man spürt den Rassismus überall. Selbst die Zeitungen sind ja rassistisch. Vielleicht ist der Tagesspiegel eine Ausnahme, selbstverständlich auch die taz. Aber in allen anderen Zeitungen wie BZ und Bild steckt für mich Rassismus drin. Etwa wenn bei Kriminalität gesagt wird: Das waren wieder türkische Banden, das waren wieder polnische Banden. Da fehlt ein Gesamtüberblick.
Sonja Kraft, 28 Jahre, Studentin
Ich denke auf jeden Fall, daß es in Berlin Rassismus gibt. Es hängt von der Schulbildung der einzelnen Leute ab, wie sie mit Ausländern umgehen. Und darauf haben bestimmte wirtschaftliche Faktoren einen Einfluß, zum Beispiel hohe Arbeitslosigkeit. Bei einer schlechten sozialen Lage suchen sich viele Leute Sündenböcke für ihre Probleme, und das sind oft die Ausländer.
James Kilvin, 28 Jahre, Fabrikarbeiter
Als ich nach Berlin gekommen bin, stand noch die Mauer. Ich konnte mich hier frei bewegen. Niemand hat mich belästigt. Seit dem Mauerfall ist es anders, wobei vor allem der Ostteil rassistisch ist. Das weiß ich aus einigen Erfahrungen. Körperlich angegriffen hat mich noch nie jemand, aber ich wurde gefragt: Warum kehrst du nicht nach Amerika zurück? Warum gehst du nicht nach Afrika?
Sybille Büttner, 20 Jahre, Studentin
Früher war ich mal mit einem Schwarzen zusammen. Das war manchmal schon sehr schwierig. Es gibt da Vorurteile, aber nicht nur Negativvorurteile, sondern auch die positiven. Als Ausländer wird man sofort ein bißchen abgestempelt. Daß der Ostteil rassistischer ist, würde ich nicht sagen. Ich schätze, daß am Wannsee oder in Zehlendorf mancher wesentlich rassistischer ist als im Prenzlberg.
Nor C. Wilde, 61 Jahre, Rentner
Ich bin Amerikaner und schon seit längerem in Berlin. Der Rassismus hat sich in Deutschland erst in letzter Zeit aufgebaut. Denn als früher die Jugoslawen und die Türken kamen, hat kein Mensch was gesagt. Aber jetzt fühlen sich viele benachteiligt. Sie denken, daß ihnen die Ausländer den Job wegnehmen. Das ist aber gar nicht der Fall. Welcher Türke arbeitet schon im Bezirksamt Kreuzberg?
Umfrage: Karen Wientgen
Fotos: Karl Mittenzwei
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