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Rassismus gegen RomaDie Gewalt der Mehrheitsgesellschaft

Die Situation der Roma ist EU-weit verheerend. Das hochkarätig besetzte Symposium "Was heißt hier Zigeuner?" in Berlin versuchte die Hintergründe zu klären.

Machen den Roma viele Probleme: ungarische Rechtsradikale. Bild: reuters

Herta Müller las mit brechender Stimme. 1991 hatte die Nobelpreisträgerin ihren eindrucksvollen und leider vergriffenen Reisebericht aus Rumänien "Der Staub ist blind, die Sonne ist ein Krüppel" geschrieben; darin schildert sie die Pogrome in Kogalniceanu, in denen die Häuser von 150 Roma mit Strohballen und Dieselöl in Brand gesteckt wurden.

Die in den Wald geflohenen Roma mussten erneute Attacken und den Winter fürchten - und konnten weder mit der Bestrafung der Täter noch einem Wiederaufbau ihrer Häuser rechnen. Mit der Lesung wurde das Symposium "Was heißt hier Zigeuner?", ausgerichtet von der Allianz-Stiftung und der Bundeszentrale für politische Bildung, am Donnerstag in Berlin eröffnet.

Zwanzig Jahre später ist die Situation der Roma in Europa weiterhin schrecklich. Wie Morten Kjærum, Direktor der Agentur der EU für Grundrechte in Wien, erklärte, war laut der aktuellsten Umfrage der Agentur jeder zweite Rom in den zwölf Monaten vor der Befragung diskriminiert worden - und über ein Drittel der Roma Opfer eines Verbrechens.

Für ihr Buch "Die Romareisen" (Steidl 2007) hat die Autorin mit dem Fotografen Joakim Eskildsen die Situation der Roma in sieben Staaten dokumentiert.

Silvio Peritore, Leiter des Referats Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg, erinnerte daran, dass diese Gewalt nicht nur von Extremisten, sondern erschreckenderweise aus der Mitte der Gesellschaft kommt.

Auch in Ungarn. Zoltán Balog, der ungarische Staatsminister für soziale Inklusion (das heißt wirklich so), redete sich galant aus der unbequemen Position heraus, als ungarischer Politiker über die Lage der Roma zu sprechen; in Ungarn werden viele Übergriffe auf Roma registriert, Balog schien sich dafür einzig aus wirtschaftlichen Gründen zu interessieren. Er erlaubte es sich sogar, die EU-Förderung für Roma-Projekte in Osteuropa zu vergleichen, als handle es sich bei der Integration der Roma vor allem darum, so viel Geld von der EU lockerzumachen wie möglich.

Er gab zu, zwar der Situation der Roma "in die Augen geschaut" zu haben, jedoch nicht den Roma. Es reicht offensichtlich nicht, nur auf die ungarische Zigeunermusik stolz zu sein. Verblüffend oft kam Balog auf das "Roma-Problem" zu sprechen, auf die sozialen Probleme mit Roma also - das Problem des Rechtsextremismus in Ungarn erwähnte er nur am Rande.

Klaus-Michael Bogdal löste daraufhin die ersten Lacher im Saal aus. Die Selbstmordrate in Ungarn sei zwar hoch, aber leider nicht unter den Rechtsradikalen, stellte er fest. Bogdals Studie über die Hintergründe der Faszination und Verachtung, die den Roma im Laufe ihrer Geschichte in Europa zuteil geworden sind, ist gerade erschienen ("Europa erfindet seine Zigeuner", Suhrkamp). Der Autor bemerkte, dass die europäische Mehrheitsbevölkerung stets nur an den größtmöglichen Unterschieden, nie am kleinstmöglichen Gemeinsamen interessiert war.

Von Anfang an verwehrte die Mehrheit den Roma Zugang in die Gesellschaft: Je größer der Abstand zum "Naturvolk", desto höher dachte man sich die eigene Zivilisationsstufe - und tut das noch bis heute. Die Verachtung fordere, wie Bogdal erklärte, immer wieder gezeigt zu werden, und äußere sich in Demütigungen, Entrechtung und Vertreibungen.

Einen traurigen Bezug zur Realität bekamen seine Auslegungen, als nach offizieller Beendung der Veranstaltung Kenan Emini von der Göttinger Initiative "alle bleiben" das Wort ergriff. Er machte darauf aufmerksam, dass eben an diesem Tag 70 Menschen, die seit 20 Jahren in Deutschland leben, in den Kosovo abgeschoben wurden.

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12 Kommentare

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  • DS
    Der Sizilianer

    @ vorwashabtihrnurAngst?

     

    Manche Leute nutzen halt gerne die Anonymität von Kommentarspalten, um mal ihr menschenverachtendes Gedankengut anderen Leuten vor die Füße zu kotzen.

     

    So wie Marina bspw. hier eine "Rassismus-Keule" am Werk sieht, kommentiert sie bei diesem Artikel eine "Nazi-Keule" herbei ...

    http://taz.de/Historiker-Ian-Kershaw-ueber-NS-Zeit/Kommentare/!c82423/

     

    ... bestimmte Leute mögen offenbar nicht, wenn über Rassismus oder Nationalsozialismus berichtet wird.

     

    Und was soll man z. B. von so strohdummen und rassistischen Kommentaren wie von r.kant oder Frank Freier oder willy oder Hornbrille halten??

     

    Würde hier jemand in den Kommentarspalten z. B. posten: "Der Deutsche an sich ist rassistisch. Das ist Allgemeingut." oder "Seitdem mir diese Deutschen meine Autotür demoliert haben ... habe ich für diese Individuen nichts als Verachtung übrig." wäre der Blödsinn sofort offensichtlich. So aber versucht man, hier Rassismus zu verbreiten, indem man an Vorurteile und Ressentiments anknüpft, die durchaus in der Bevölkerung hier und da Anklang finden dürften.

     

    Einfach nur ekelhaft.

     

    Auch von mir ein Dankeschön für den Artikel.

  • V
    vorwashabtihrnurAngst?

    Ich kann es nicht fassen, was hier für Komentare losgelassen werden. Wir sprechen von Integration, sollten wir nicht lieber über das Problem der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland diskutieren?

    Die Antwort lautet Akzeptanz, Menschen(Roma), die eine derart lange Tradition der Ausgrenzung, bis hin zum Genozid in ihrer Geschichte erfahren mussten und weiterhin mit diesen Erfahrungen leben,deutlich neue Perspektiven und echte Chancen einer gesellschaftlichen Einbeziehung zu vermitteln.

    Ich schäme mich, dass ich deutscher bin.

    Danke für den Artikel

  • H
    Horst

    Man kann es drehen und wenden wie man will: erst müssen die sozialen Probleme (Schule, Bildung, Erziehung) der Roma im Griff sein, bevor man die Bevölkerungsakzeptanz erhöhen kann. Die Kriminalitätsrate unter den Roma ist erschreckend hoch, das schafft Konfliktpotential. Frankreich hat sich dieser Problematik einfach durch (unrechtmäßige)Auseisung entledigt, in der Slowakei baut man Mauern gegen die Roma zur Abgrenzung, von den Italienern werden sie verachtet und ausgegrenzt, und in Rumänien diskriminiert. Ungarn hat erstmalig einen EU-Plan zur Sozialisierung der Szinti und Roma erarbeitet, welcher unbedingt praktisch umgesetzt werden sollte. Die Ungarn sind hier viel weiter, als der Rest Europas. Irgendwie scheint es bei uns jedoch niemanden so recht zu kümmern.

  • H
    Hornbrille

    Es ist ja abartig, wie hier die ultra-nationalen "Zigeuner" als die Guten dargestellt werden! Die dürfen ihren Rassismus offenbar noch von angeblich "linken" Zeitungen wie der taz protegiert ungehemmt ausleben! Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Du taz dem ultra-rechten Spektrum zuzuordnen ist, dann ist er mit dem diesem Artikel erbracht! Eklig, wie die ultra-rechten Zigeuner hier in den Himmel gelobt werden. Das finde ich wirklich schlimm. Zum Glück liest keiner mehr das eklige rechte Blatt "taz".

  • W
    willy

    Ich habe den Roma noch nie in den Flur geschissen, also unterlassen sie gefälligst ihre Rassismusvorwürfe!

  • S
    suswe

    Könnten Aufklärungsarbeit in beide Richtungen, Umverteilung von Oben nach Unten und eine vernünftige Wirtschaftsordnung auch bei diesem Problem Abhilfe schaffen?

  • C
    comahome

    Ich durfte jahrelang neben einem von Zigeunern (eigene Bezeichnung) gekauften Haus wohnen. Ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Diese Menschen wollen sich weder integrieren noch am gesellschaftlichen Leben teilhaben.

    Wir mussten umziehen um wieder in Ruhe und Frieden leben zu können und keine Angst mehr um unser Eigentum zu haben.

    So, jetzt können die am Waldrand wohnenden verständnisvollen Mitbürger wieder aus ihrer Deckung kommen und über meinen Kommentar herfallen ...

     

    MfG

  • M
    Marina

    Herrlich, bei dem Artikel musste ich wieder Tränen lachen! Ich freue mich immer, wenn die taz die gute alte Rassismus-Keule auspackt, da gibt es immer wieder zu lachen! Und die Artikel sind immer so witzig geschrieben! Okay, die journalistische Qualität ist null, die Artikel sind vom Niveau her unterste Schublade und einfach nur provinziell - geschenkt, dafür sind sie aber so witzig! Bitte mehr Artikel dieser Art!

  • H
    heidi

    Ich hätte gerne etwas über Lösungsansätze gelesen. Das hat dieses Symposium doch besti. auch zu bieten gehabt. Und die Probleme die einer Intergration entgegenstehen hätten gerechterweise auch genannt werden müssen.In keinster Weise kann die Diskriminierung einer Menschengruppe billigen - doch es muss einfach aufgeworfen werden, warum es Probleme gibt- ob sie gerechtferigt sind und wie man sie überwinden könnte.

  • T
    T.V.

    Danke für diesen Artikel

  • FF
    Frank Freier

    Der Zigeuner an sich ist unordentlich. Das ist Allgemeingut. Wozu da noch drumherumreden ? Das fahrende Volk bietet ihre Töchter in Wohnwagen feil, ohne Krankenversicherung, das sollte uns zu denken geben.

  • R
    r.kant

    Seitdem mit diese Roma meine Autotür demoliert haben nachdem ich freundlich gesagt habe das die meine Scheibe nicht dreckig machen brauche habe ich für diese Individuen nichts als Verachtung übrig. Wir brauchen endlich in Deutschland eine Volksabstimmung für die Ausschaffung der Roma in deren Heimatländer! Wir sind das Volk!