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Ralf Sotscheck Ausgerechnet Bananen

Vor ein paar Monaten war an dieser Stelle von teuren Bananen in England die Rede. Das hat sich geändert. In Beeston in der Grafschaft ­Nottinghamshire taucht seit Jahren einmal im ­Monat ein Teller mit Bananen an einer Straßenecke auf. Die Bananen erscheinen frühmorgens am zweiten Tag des Monats, zuletzt am 2. Januar. Es sind jedes Mal 15 bis 20 Stück, sie sind geschält und mit Honig beträufelt.

Dann verfaulen sie, bis ein Anwohner den Matsch beseitigt. Vor Kurzem hat deshalb jemand ein Schild angebracht: „Bitte, bei allem Respekt, keine Bananen mehr! Die verrottenden Bananen hinterlassen eine solche Sauerei. Ich wünsche Ihnen ein frohes neues Jahr!“

In Beeston rätselt man, warum sich jemand nachts mit einem Obstteller anschleicht. Manche vermuten religiöse Gründe. Im Hinduismus ist es üblich, den Göttern Bananen zu opfern, da die Früchte für Überfluss, Fruchtbarkeit und Glück stehen. Und Honig gilt als natürliche Süße für Opfergaben. Die Göttin Durga ist eine Göttin der Vollkommenheit, sie existiert in unterschiedlichen Erscheinungsformen – zum Beispiel als Bananenpflanze, die mit einem Sari umwickelt zum Altar getragen wird.

Aber welche Art von Bananenpflanze? Es gibt mehr als zweihundert. Eine davon ist die Vierfruchtbanane, die Donald Duck 1972 auf Fruttania entdeckt hat, nachdem er die Insel geerbt hatte. Sein Onkel Dagobert vermarktete die Banane, die nicht nur nach Banane, sondern auch nach Erdbeere, Zi­tro­ne und Birne schmeckte. Doch die Frucht war in Entenhausen so erfolgreich, dass der Absatz aller anderen Süßigkeiten der Duck-Unternehmen einbrach.

Einige Beester denken, dass jemand die örtliche Tierwelt füttern will, obwohl sich die Biester augenscheinlich nicht für das Obst interessieren. Eine weitaus logischere Erklärung ist die ­Entdeckung, die Archäologen vor gut vier Jahren im nahe gelegenen Nottingham Castle gemacht haben: Sie haben bei der Sanierung des Schlosses die Knochen von drei Affen aus der georgianischen Zeit ausgegraben. Die Abnutzung der Zähne lässt auf ein hohes Alter schließen.

Vermutlich handelt es sich dabei um Haustiere von Jane Kirkby, die dort von 1791 bis 1825 gewohnt hat. Die „extravaganteste Bewohnerin von Nottingham Castle“ habe stets einen „großen Affen als Begleiter“ gehabt, so heißt es. Ihren Reichtum verdankte Kirkby ihrem Großvater, der ein unehelicher Sohn des Earl of Chesterfield war.

Jedenfalls sind die Affen damals in ihrer Totenruhe gestört worden. Ungefähr zur selben Zeit begannen die Bananenlieferungen in Beeston. Verantwortlich dafür sind wahrscheinlich die Berberaffen aus dem Trentham Monkey Forest, wo 140 dieser Tiere frei leben. Sie bringen eine Opfergabe, um die Geister ihrer Artgenossen zu beschwichtigen.

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