Radwege in Berlin: Senat schafft Platz für Radler
Die Verkehrsverwaltung will in diesem und im kommenden Jahr weit mehr Geld in den Bau und die Sanierung von Radwegen investieren als bisher geplant
Dass die Radfahrer ihr am Herzen liegen, hat Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) des Öfteren kundgetan. Offenbar soll es nicht beim bloßen Lippenbekenntnis bleiben: Die Senatsverwaltung plant, weitaus mehr Geld in den Bau und die Sanierung von Radwegen zu investieren als in den vergangenen Jahren. 4 Millionen Euro sollen den Angaben nach in diesem Jahr bereitgestellt werden, 5 Millionen Euro 2010. Dazu kommen jeweils bis zu 3 Millionen Euro aus Mitteln der Europäischen Union (EU). Zum Vergleich: In den Jahren 2000 bis 2006 gab es insgesamt 16 Millionen Euro für den Radwegebau. Am geplanten Einsatz der Senatsgelder gibt es jedoch Kritik vom Fahrradbeauftragten des Landes und vom Radverein ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club).
"Natürlich könnten wir immer noch mehr gebrauchen, aber wir sind schon sehr zufrieden", sagte der zuständige Referatsleiter Heribert Guggenthaler am Montag der taz. Er verwies darauf, dass es den Posten "Sanierung" bisher gar nicht gegeben habe. In diesem Jahr soll 1 Million Euro für die Ausbesserung von Radwegen aufgewendet werden, im nächsten Jahr sind 2 Millionen Euro eingeplant.
Guggenthaler und seine Mitarbeiter prüfen Anträge und bewilligen das Geld, für die Radweginfrastruktur selbst sind die Bezirke zuständig. Die zweigliedrige Verwaltung und die Tatsache, dass es noch längst nicht in jedem Bezirk einen zentralen Ansprechpartner für den Radverkehr gebe, mache Neubau und Sanierung zu einer langwierigen Angelegenheit, erklärte der Referatsleiter. Oft vergingen drei Jahre, bis ein neuer Radweg tatsächlich gebaut würde. Den größten Bedarf sieht Guggenthaler an den Hauptverkehrsstraßen.
Gebaggert werden soll noch in diesem Jahr auch am Gleisdreieck; dort wird ein Fernradweg ausgebaut. Für die Langstreckenrouten Spreeweg, Havelweg und Berlin-Leipzig kann der Senat EU-Mittel verwenden.
Die Höhe des eingeplanten Geldes stößt auch beim Fahrrad-Club ADFC auf Zustimmung. Die Vorsitzende Sarah Stark bedauerte indes, dass keine Mittel aus dem Konjunkturpaket des Bundes in Radwege investiert werden sollten. Stark plädierte erneut dafür, Radwege aus Sicherheitsgründen auf Straßen neu anzulegen und nicht mehr auf Bürgersteigen.
Ähnlich äußerte sich der Fahrradbeauftragte des Landes, Benno Koch. Er kritisierte, dass die Senatsverwaltung weiterhin Radwege auf Bürgersteigen saniere und gar neu baue. "Dabei ist erwiesen, dass 81 Prozent der schweren Unfälle an Kreuzungen passieren, wo Radfahrer auf Gehwegen fahren müssen", sagte Koch. Vorwürfe, gegen die sich die Senatsverwaltung wehrt. "Es wird in Einzelfällen entschieden", sagte Guggenthaler. Bei der Planung komme es auch auf die Art der Straße, die Dichte des Lastwagenverkehrs und das Grün am Straßenrand an. "Es ist immer ein Abwägungsprozess." Und wer sich im toten Winkel eines Lastwagens bewege, dem helfe auch ein Streifen auf der Straße nicht, fügte Guggenthaler hinzu.
Koch plädierte außerdem für ein grundsätzliches Umdenken im Straßenverkehr. "Ich habe den Eindruck, man bewegt sich eher gegeneinander in der Stadt als miteinander. Das muss nicht sein." Schon Fahrschüler sollten mehr für andere Verkehrsteilnehmer sensibilisiert werden. Sie sollten lernen, rechtzeitig zu bremsen und Sicherheitsabstände einzuhalten. Das gelte besonders für Kinder: Sie müssen zwar bis zum achten Lebensjahr und dürften bis zum zehnten den Gehweg benutzen, stünden aber grundsätzlich unter besonderem Schutz. "Wenn Autofahrer dann immer sagen, sie hätten das Kind nicht gesehen, stellt sich oft heraus, dass sie die Höchstgeschwindigkeit als Mindestgeschwindigkeit aufgefasst haben", sagte Koch.
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