■ Debatte – letzte Runde: Radikaler „Bildersturm“
Fortsetzung der Diskussion vom 17. Februar:
Also ich fand die Karikatur hervorragend und witzig. „Diskriminierend, frauenfeindlich, geschmacklos, widerlich ...“– kann ich so nicht empfinden. Radikal ist die Darstellung sicherlich, aber doch nicht realitätsfern: daß es Frauen gibt, die solch eine Rolle spielen „dürfen“, und daß politische Ablenkungsmanöver stattfinden und so weiter. An die Karikaturisten (Tschuldigung, KarikaturistInnen – schon wieder diskriminieren): Mut zum Diskussionsstoff!
Jutta Kägeler, Emmerthal
Daß christlicher oder islamischer Religionseifer, Protestantismus, Sozialismus, Frauenbewegung etwas Gemeinsames hätten, würde nicht überraschen. Daß aber Bilderfeindlichkeit und Bildersturm zu diesen Gemeinsamkeiten gehören, ist für mich die neue Erkenntnis aus der „Bilderdebatte“der Bremer taz.
Die protestantischen Ideologen hatten mit der antithetischen Parallele von Geist und Fleisch, Wort und Bild den Bildersturm begründet. Seitdem wird das Wort akzeptiert, das Bild aber steht unter Verdacht.
In den letzten Wochen stand in jeder Zeitung täglich mehrfach das Wort „oraler Sex“. Niemand nahm daran Anstoß, auch wenn in diesen Wochen jedes Kind sich das Wort hat erklären lassen und alle Sympathisanten der Frauenbewegung sich mit Recht voller Zorn vor Augen führten, daß zu „oralem Sex“zwei gehören. Die ganze Welt hat außerdem erfahren, daß jemand mit vermutlicher Neigung zu „oralem Sex“von dieser Neigung hat ablenken wollen, indem er säbelrasselnd „Haltet den Saddam Hussein“rief.
An einem Wortkommentar oder einer wörtlichen Glosse, in denen „oraler Sex“und „Saddam Hussein“vorgekommen wären, hätte gewiß wieder niemand Anstoß genommen. Til Mettes Fehler war auch nicht, daß er den „oralen Sex“aus dem „Oval Office“in den ÖPNV verlegt hat. Sein Fehler war, daß er das Wort ins Bild gesetzt hat. Und das erregt nun die BilderfeinInnen so, daß sie nicht nur verfemen (“schlecht“, „unwürdig“, „widerlich“, „geschmacklos“) oder denunziatorisch drohen (“der Hauptredaktion zur Kenntnis geben“), sie wollen Zensur! Und sie schleudern den Bannstrahl: „frauenfeindlich“!
Volker Plagemann, Bremen
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