„Radikale Unternehmenspolitik“ im Osten

■ Erst einen Millionenzuschuß kassieren und dann zu Massenentlassungen schreiten — die Firma Müller-Milch gibt ihr Debut in Sachsen/ Auch vor dem Rauswurf Schwangerer und Schwerbehinderter schreckte die Großmolkerei nicht zurück/ Die Regierung des Freistaats zeigt sich gleichmütig

Seit Monaten ist die Großmolkerei Alois Müller GmbH&Co aus dem schwäbischen Aretsried im Landkreis Augsburg in den Schlagzeilen. Wegen einer rechtswidrigen Grundwassermehrentnahme von mehreren hundert Millionen Litern muß die Firma 375.000Mark Bußgeld bezahlen. Im Herbst 1991 war außerdem durch eine Parlamentsanfrage des bayerischen Landtagsabgeordneten Raimund Kamm (Die Grünen) aufgeflogen, daß die Firma Schwarzbauten in Serie errichtet hat, und darüber hinaus hat es sich CSU-Mann Theobald Müller auch noch gehörig mit seinem Parteifreund, dem bayerischen Umweltminister Peter Gauweiler, verscherzt. Hartnäckig weigert sich die Molkerei, die beiden Getränke Multivitamin- und Blutorangendrink in Pfandbehälter zu verpacken.

Doch während in Westdeutschland inzwischen jeder Schritt der Firma Müller genauestens beobachtet wird, fand das Vorgehen in den neuen Bundesländern kaum Beachtung. Dabei wurde am 17.September 1991 ein Vertrag von weitreichender Bedeutung geschlossen, und zwar im Freistaat Sachsen. In Westdeutschland ging man zu diesem Zeitpunkt noch immer davon aus, daß Müller- Milch im Raum Neuruppin in Brandenburg ein neues Werk bauen wird. Daß dort die bereits sehr weit gediehenen Verhandlungen kurz vor dem Scheitern standen, ahnte niemand.

Monopoly in Brandenburg

„Wir hätten es sehr gerne gesehen, wenn Herr Müller sich hier angesiedelt hätte“, sagt der Leiter des Landwirtschaftsamtes in Neuruppin, Joachim Kretschmer. Auch den Bauern sei Müller zunächst ein willkommener Partner gewesen. Bis sie dann bei einer Versammlung mit dem Müller- Management zu hören bekamen, welchen Milchpreis ihnen die bayerische Großmolkerei bietet. „Der hat den Bauern 48Pfennige geboten, tatsächlich nur 48Pfennige, im Gegensatz zur Konkurrenz, die 55Pfennige bot. Daraufhin sind die Bauern aufgestanden und gegangen.“ Jens-Peter Golde, der zweite Bürgermeister und Dezernent für Wirtschaftsförderung bei der Stadt Neuruppin, hat eineinhalb Jahre mit Müller-Milch verhandelt. Er ist inzwischen stinksauer auf die Firma: „Müller-Milch hatte drei Standorte in Brandenburg in der engeren Wahl. Sie haben uns immer wieder zu verstehen gegeben, daß sie ja auch noch woanders hingehen könnten, haben versucht, uns gegeneinander auszuspielen. Die von Müller-Milch haben immer gesagt, wie heiß darf denn unser Abwasser sein, niemals gefragt, was für die Umwelt zumutbar sei. Die haben regelrecht Monopoly gespielt mit uns. Den Grundstückspreis wollten sie immer noch weiter drücken, und zwar auf unter ein Viertel dessen, was wir dafür bezahlt haben. Müller hat auch mit dem Abwasserpreis handeln wollen. Also alles in allem muß ich sagen, das waren für mich unseriöse Geschäftspraktiken. Wir wollten beispielsweise in die Verträge eine Klausel mit aufnehmen, daß Müller-Milch bei Havariefällen für 100.000Mark haften muß. Aber da haben die nur gelacht und gemeint, das könnte man doch pauschal mit einem Zehntel der Summe abgelten. Aber ich frage Sie, was muß man von einem Unternehmen erwarten, das von vorneherein nur für eine lächerlich niedrige Summe haften will, wenn es zu Unfällen kommt. Da muß man doch beinahe davon ausgehen, daß dieses Unternehmen einem dann sagt, wenn was passiert, nimm die 10.000Mark, räum das Zeug weg, für uns ist der Fall erledigt.“

Dr.Frank Beck, der persönliche Referent des brandenburgischen Umweltministers, wurde noch deutlicher, was seine Einschätzung von Müllers Geschäftsgebahren angeht. „Das hat wegen dessen allgemein unseriöser Geschäftspraktiken nicht funktioniert. Der wollte sich da mit rabiaten Methoden ein Monopol sichern.“ Kaum war Brandenburg gescheitert, schickte sich Müller an, den sächsischen Markt zu erobern. Doch zunächst, als im September 1991 das sächsische Landwirtschaftsministerium in einer Presseerklärung mitteilte, daß Müller die Molkerei Chemnitz gepachtet hat, ahnte kaum jemand etwas von der neuen Entwicklung. Die Anpachtung der Chemnitzer Molkerei durch Müller-Milch war zunächst auch schwer einzuordnen. Als dann allerdings im November bekannt wurde, daß Müller auch die Mittelsächsischen Milchwerke gepachtet hat, war klar, daß das Bundesland Sachsen an die Stelle von Brandenburg treten sollte. Mit großem Hallo waren die Müller-Ankündigungen zur Zahlung eines Höchstpreises für Milch in der maroden Landwirtschaft in Sachsen begrüßt worden. Doch schon beim ersten konkreten Schritt der schwäbischen Molkerei sah das ganz anders aus. Vierzehn Tage nachdem Müller die Mittelsächsischen Milchwerke gepachtet hatte, wurde aus heiterem Himmel der gesamten Belegschaft gekündigt.

Der Coup aus heiterem Himmel

Der Betriebsratsvorsitzende, dem von einigen Kolleginnen vorgeworfen wird, er hätte sich nicht genügend für die Belegschaft eingesetzt, ist zu einem Gespräch nicht bereit. Drei Damen aus dem Betriebsrat stehen jedoch Rede und Antwort. Am Eingangstor der Molkerei Oschatz steht ein Schild mit der Aufschrift „Müller-Milch — WerkIII“. Die Uhr über dem Verwaltungsgebäude zeigt fünf vor zwölf. Sie ist stehengeblieben oder angehalten worden. Doch nicht nur die Uhr, das ganze WerkIII steht still. Betriebsrätin Cornelia Gerlach erinnert sich an ihre letzte Schicht. „Es war am 23.November. Ich war gerade in der Nachtschicht, es war ein Sonnabend. Dort hat mir dann der Schichtleiter mitgeteilt, daß das meine letzte Schicht ist, daß ab Montag der Betrieb geschlossen ist. Ein Großteil der Belegschaft hat das dann erst am Montag erfahren. Das ging so Hals über Kopf, über Nacht war plötzlich alles vorbei.“

Am 26.November 1991, elf Tage nach der Übernahme der Mittelsächsischen Milchwerke, schaffte Müller-Milch mit einem Brief an das Arbeitsamt Oschatz dann vollendete Tatsachen. In dem Schreiben heißt es unter anderem:

Sehr geehrte Damen und Herren, zu unserem Bedauern sehen wir uns gezwungen, Antrag auf Genehmigung einer Massenentlassung für rund 255 Betriebsangehörige zu stellen... Der Antragsteller unterhält ein Unternehmen für Milchverarbeitung und hat Betriebsstätten in Oschatz, Dahlen, Mügeln und Torgau. Diese Betriebsstätten wurden von uns, den Milchwerken Mittelsachsen eG Oschatz, am 15.11. 1991 gepachtet. Unser Produktionsprofil ist völlig anders geartet als das bisherige, und eine Reduzierung des Stammpersonals ist daher unausweichliche Folge; zumal Produktionsstätten wegen fehlender Rentabilität geschlossen werden... Von der Kündigung sind Schwerbehinderte und Mitarbeiterinnen, die dem Mutterschutzgesetz unterliegen, betroffen...

Cornelia Gerlach erinnert sich noch gut an die Reaktionen ihrer Kolleginnen und Kollegen: „Die Leute lassen sich das gefallen, weil sie Angst haben.“ Ihre Kollegin Gertraud Tschenschner ist sauer auf ihre früheren Geschäftsführer und Betriebsleiter. „Von unseren ehemaligen Geschäftsführern fühlen wir uns betrogen. Die sind jetzt alle fest bei Müller angestellt und fahren mit großen Autos rum.“ Die Wut der Frauen ist deutlich spürbar.

„Die Arbeitnehmer haben sich einschüchtern lassen“, berichtet Hella Meyer, Gewerkschaftssekretärin aus Leipzig. Nach anfänglichem Zögern sind es jetzt allerdings immerhin 80 ehemalige Beschäftigte, die gegen die Massenentlassungen klagen wollen, darunter auch einige Schwerbehinderte und Schwangere. Die Schwerbehinderten hätten nicht ohne Zustimmung der zuständigen Hauptfürsorgestelle gekündigt werden dürfen und die Schwangeren grundsätzlich überhaupt nicht. Dann sagt Hella Meyer: „Für mich hat sich der Verdacht erhärtet, daß da einige Leute gekauft werden. Da ist die Rede von neuen Arbeitsplätzen mit dem doppeltem Gehalt wie jetzt. Diejenigen, die Kündigungsschutzklage eingereicht haben, werden eingeschüchtert.“ Hella Meyer bezieht sich auf ein Schreiben von Müller- Milch, in dem es heißt:

„Wir sind der Meinung, daß es für Sie nachteilig ist, wenn Sie Kündigungsschutzklage erheben. In diesem Fall werden Sie die Abfindung gemäß Sozialplan nicht erhalten. Sie müssen auf Ihre Abfindung, die vom Gericht festgelegt wird, solange verzichten, bis das Gerichtsverfahren durchgeführt ist. Vermutlich werden wir in der Güteverhandlung und vor der Kammer keine Einigung erzielen können. Das Landesarbeitsgericht wird wohl die Entscheidung fällen müssen. Im Westen ist hier mit ein bis eineinhalb Jahren zu rechnen. Wie lange dies im Osten dauert, wissen wir nicht. Bei den ersten beiden Gerichtsterminen werden wir keinesfalls einer höheren Abfindung zustimmen können als die, die im Sozialplan ausgewiesen ist. Dies wäre ungerecht gegenüber allen anderen Kollegen. Aus diesem Grunde kann dies aus Prinzip nicht sein. Ob Sie nach Beendigung des Rechtsstreits tatsächlich eine höhere Abfindung erwirken können, ist ungewiß.

Nachdem kein Weg an den Betriebsschließungen vorbei geht, wird das Arbeitsverhältnis auch nicht fortbestehen können. Wir meinen, daß es besser wäre, wenn wir hier gemeinsam Vernunftsgründe walten lassen. Mit freundlichen Grüßen — Molkerei Alois Müller GmbH&Co.“

Die Abgeordnete Kornelia Müller (Bündnis90/Grüne), die von diesem Schreiben Kenntnis erhält, reagiert erbost auf diesen Einschüchterungsversuch. „Sind das die Sitten, die Herr Müller zu uns exportieren wird und für die er dann auch noch fast 80 Millionen Mark Staatszuschuß für sein neues Werk bekommt?“ Sie stellt im Sächsischen Landtag einen Antrag, die Fördermittel für Müller- Milch noch einmal zu überdenken: „Die sächsische Staatsregierung wird aufgefordert, die Vergabe von Fördermitteln für die Verbesserung der Marktstruktur an die bayerische Firma Müller-Milch an die Bedingung zu knüpfen, den Produktionsstandort Mittelsachsen bis zur Inbetriebnahme der neuen Molkerei zu erhalten und die kürzlich vollzogene Massenentlassung zurückzunehmen.“ Die Abgeordnete erinnert daran, daß die Mittelsächsischen Milchwerke erst kürzlich in neue Ausrüstungen investiert haben und genügend Absatz vorhanden war. Der Antrag der Abgeordneten Müller wurde abgelehnt, ebenso ein gemeinsamer Antrag der SPD, FDP, Bündnis90/Grüne und PDS, die gefordert hatten, daß nicht nur die Großmolkereien, sondern auch kleinere Betriebe gefördert werden sollten.

Keine Reaktion der Regierung

Das sächsische Landwirtschaftsministerium läßt sich lange Zeit, um eine Reihe von Fragen zu beantworten. Zum Thema Förderung von Großmolkereien schreibt das Ministerium: „Auf dem Milchsektor herrscht der europäische Wettbewerb. Die sächsischen Milchbauern und Molkereien müssen sich in diesem Wettbewerb behaupten. Wer diese Einsichten nicht hat und meint, eine ,Folklorewirtschaft‘ in Sachsen mit handwrklichen Verarbeitungsbetrieben erhalten zu können, kennt die Realitäten nicht.“ Auf die Frage, wie das Staatsministerium beziehungsweise die Staatsregierung einer Massenentlassung vorgebeugt haben, heißt es lapidar: „Es wäre wenig sinnvoll und letztlich nur auf dem Rücken der Landwirte finanzierbar, einen ,Schutzraum‘ um jeden landwirtschaftlichen Betrieb zu legen und daneben den dringend notwendigen Neuaufbau zu realisieren (...) Zu Entlassungen kam und kommt es leider derzeit in vielen Betrieben.“

Und zur Frage, wie man mit Müller-Milch — gerade wegen der zahlreichen Verstöße der Firma im Landkreis Augsburg — umzugehen gedenkt, meint das sächsische Landwirtschaftsministerium: „Die zuständigen Behörden werden die Firme Müller-Milch genauso behandeln wie jeden anderen Investor.“ Die kleinen Investoren, wie zum Beispiel die Molkerei in Dobeln, werden dies mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen. So wie viele Sachsen inzwischen mit Verwunderung feststellen dürfen, daß plötzlich ihre angeblich qualitativ nicht sonderlich hochwertige Milch im Ausland Höchstpreise erzielt.

Gewerkschaftssekretärin Hella Meyer hat sich über die Gewinnspannen bei Müllers Milchhandel erkundigt: „Der zahlt den Bauern 52Pfennige, dann wird die Milch weiterverkauft nach Italien, Belgien, Holland oder Frankreich, und da erzielt der dann Preise bis zu 76 Pfennige. Das ist ein Riesengeschäft.“ Die Milchmenge, die Müller in Sachsen vertraglich binden will, wurde vom Unternehmen mit 250 Millionen Litern jährlich angegeben. In Sachsen hat Müller-Milch schon deutlich gemacht, was er sich unter Milchhandel vorstellt. Der Milchhof in Leipzig hatte bis zur Übernahme der Mittelsächsischen Milchwerke durch Müller-Milch immer seine Milch aus Oschatz bekommen. Durch die Leipziger Molkerei werden täglich 70.000 Schulmilchflaschen an die Schulen im Raum Leipzig-Halle-Merseburg geliefert. Völlig überraschend hat dann Müller-Milch dem Milchhof Leipzig die Lieferverträge gekündigt, die Schulmilchversorgung drohte zusammenzubrechen. „Wenn wir nicht einen Ausweg gefunden hätten und nicht die Osterland-Molkerei in Gera (Thüringen) eingesprungen wäre, dann hätten wir am 31.Dezember 1991 völlig ohne Milch dagestanden“, berichtet der Geschäftsführer der Leipziger Molkerei, Peter Johannsen.

Mögliche Alternativen

Daß die Konzentration auf drei, vier Großkonzerne nicht unbedingt die einzige Möglichkeit sein muß, Milchwirtschaft in einem Bundesland wie Sachsen zu betreiben, zeigt ein Beispiel aus der Nähe von Dresden. Die Molkerei Döbeln ist einer sogenannten Catering-Kette aus Frankfurt angeschlossen. Sie produziert in die bereits angesprochene „Marktnische Flaschenmilch“ hinein und scheint sich mit dem Mehrweg-Flaschensystem behaupten zu können. Die Sächsische Staatskanzlei hat allerdings der Geschäftsführung Ende Oktober mitgeteilt, daß keinerlei Aussicht auf Fördermittel besteht. Trotzdem bezahlt die kleine Molkerei, die sonst vermutlich auch kaum Milchlieferanten an sich binden könnte, einen Spitzenmilchpreis für sächsische Verhältnisse, nämlich 60Pfennig pro Liter.

Der Milchpreis könnte sich sehr schnell für die Bauern negativ entwickeln, wenn bald nur noch einige Großmolkereien wie Müller-Milch (im Raum Chemnitz-Leipzig) oder Südmilch (im Raum Dresden) das Sagen haben. Aber was sich derzeit in Sachsen abspielt, geht weit über die Fragen einer künftigen Milchpreisentwicklung hinaus, das könnte der gesamten deutschen Landwirtschaft in Zukunft ein völlig neues Gesicht geben. Noch kämpft die Landwirtschaft in den neuen Bundesländern ums Überleben, noch klatschen sich selbstzufrieden manche westdeutsche Landwirte auf die Schenkel. Scheinbar unüberwindbar die Probleme der Kollegen drüben, wo gerade die letzten LPGs (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften) abgewickelt, das heißt privatisiert wurden.

Was aber würde es für die Landwirtschaft bedeuten, wenn in nicht mehr allzu ferner Zeit die einstigen LPGs als sanierte landwirtschaftliche Großbetriebe, für einen neuen EG-Binnenmarkt gerüstet, ganz neue Formen der landwirtschaftlichen Produktion vorexerzieren? Das mag Spekulation sein, aber wenn man einen Blick auf die Betriebsgrößen der milchverarbeitenden Betriebe in den alten und den neuen Bundesländern wirft, werden die Dimensionen deutlich, in denen womöglich in gar nicht allzu ferner Zukunft produziert und gedacht wird. Nehmen wir zunächst einmal das Beispiel Bayern-Schleswig-Holstein. In Bayern entfallen im Durchschnitt 14,3 Kühe auf einen Halter. In Schleswig-Holstein, wo für westdeutsche Verhältnisse die Betriebsgrößen überdurchschnittlich hoch sind, liegt der Schnitt bei 34,8 Kühen pro Halter. In den neuen Bundesländern geht es um ganz andere Größenordnungen. In Brandenburg liegt die durchschnittliche Zahl der Kühe pro Betrieb bei 624 und in Sachsen gar bei 705. Es gibt dort 34 Betriebe mit mehr als 2.000 Kühen, einstmals „Einheiten“ genannt.

Werden das die Betriebsgrößen der Zukunft? Oder wird deutlich zurückgefahren, verkleinert? Ist eine solche Entwicklung, nämlich das Zurückfahren auf überschaubare Größen, womöglich gar nicht gewünscht? Es gehört nicht sonderlich viel Phantasie dazu, sich auszumalen, wie sich die Milchwirtschaft und der Milchpreis in Sachsen entwickeln werden, wenn künftig nur noch drei, vier Molkereien in diesem Bundesland existieren; wenn Firmen wie Müller-Milch das Sagen haben, ihre Vorstellungen diktieren können. Den Bauern in Ostdeutschland dann die Schuld in die Schuhe zu schieben, wäre sicherlich der einfache und falsche Weg. Denn an dem Beispiel der Milchwirtschaft in Sachsen wird deutlich, daß es ein gemeinsames Förderprogramm von EG, Bund und Ländern ist, das hier umgesetzt wird; ein Programm, das viele Fragen offenläßt und sicherlich nicht mit einem kurzfristigen Lockangebot eines höheren Milchpreises erklärt werden kann.

Auszugsweiser Vorabdruck aus dem Ende Februar erscheinenden Buch „Alles in Butter — oder was? Eine Geschichte um Milch und Macht“ von Klaus Wittmann, Ledermann-Verlag.