■ Rad-WM: Fixpunkt Hübner
Berlin (taz) – Das macht Spaß: „Aufs Rad steigen, losfahren, die Gegner so lange fixieren, bis sie sich in die Hose scheißen, und dann als erster über den Zielstrich rollen.“ Das ist Arbeit. Und obige Arbeitsplatzbeschreibung kommt vom Bahn-Chef persönlich – Michael Hübner, Chemnitz, 102 Kilo Kampfgewicht, 35 und bereits sechsmal Weltmeister. Ein „Hühne“ (Süddeutsche Zeitung) von Mann. Mächtig gewichtig also. Sein Erkennungszeichen: große Klappe und mindestens ebenso überdimensionales Beinwerkzeug – Oberschenkel so umfangreich (67 Zentimeter) wie eine halbwegs schlanke Frauentaille.
Als kleinen Buben schickten ihn seine verzweifelten Eltern, getrieben von der Sorge, „wie wird der Junge nur seine Energien los?“, zum Kicken, Schwimmen und zur Leichathletik. Auf dem Radsattel ist er gelandet. Und jetzt fixiert der „Schwarzenegger des Radsports“ (Munzinger Archiv) seine Gegner so lange, bis – s.o. – deren Radlerhose durchnäßt ist. Auch in Palermo. Mittwoch abend, Sprint- Halbfinale und Finale (nach Redaktionsschluß). Auf Sizilien sind die Nächte heiß. Hübner auch: „Ich habe mehr Kraft als 1993“, trommelte er im Vorfeld der Rad- Weltmeisterschaft.
1993 war nicht sein Jahr. Da kam er kurzfristig ein wenig unter die Räder. Gary Neiwand, sein ehemaliger Trainingspartner, hatte die Frechheit besessen, ihm nicht nur seinen Abo-Titel wegzuschnappen, sondern auch den Ruf des geschäftstüchtigen Sonnyboys („So leicht wie jetzt verdiene ich später mein Geld nicht mehr“) anzukratzen: Hübner habe versucht, ihm den Sieg vorher abzukaufen. Nun, in Palermo fehlt der Australier und mithin das Motiv, warum sich Hübner „gequält hat wie noch nie“. Neiwand „will ich es noch einmal zeigen.“ Wollte. Jetzt muß es sich Hübner entweder selbst zeigen oder folgerichtig noch ein Jährchen dranhängen. Wo er eigentlich nur noch Keirin fahren wollte, sich um seine vielen Nebenher-Geschäftchen, Immobilien und ein Restaurant sächsischer Qualitäten („Fettbemmme“), bemühen. Na ja, verlängern dürfte für einen Michael Hübner kein Problem sein: „So wie die Jungen fahren, kann ich noch zehn Jahre dabeibleiben.“coh
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