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Archiv-Artikel

REINHARD WOLFF ÜBER DEN AUSSPÄHSKANDAL IN DÄNEMARK Promijagd mit Kreditkarten

Von einem einheimischen „News of the World“-Skandal ist in Dänemark bereits die Rede, weil das Klatschblatt „Se og Hør“ sich zum Zwecke des Profits auf dem Datenschwarzmarkt bediente und durch dort gekaufte Informationen erfuhr, wofür Showstars und Politiker ihr Geld so ausgeben und per Bewegung ihrer Kreditkarte sie in Echtzeit verfolgen und ihnen gezielt Paparazzi-Fotografen auf den Hals schicken konnte. Umgehend reagiert die Politik, verspricht schärfere Gesetze, besseren Datenschutz und gibt sich empört.

Eine Empörung, die in einem erstaunlichen Gegensatz zu der bei anderen Überwachungspraktiken steht. Kaum einer kritisierte, als der dänische Verfassungsschutz im Umfeld des Weltklimagipfels in Kopenhagen 2009 monatelang den Telefon- und Datenverkehr von Hunderten KlimaaktivistInnen lückenlos belauschte. Und mit bloßem Achselzucken wurde registriert, als sich herausstellte, dass die Behörde dabei nicht nur mit der NSA zusammenarbeitete, sondern dass die NSA in Dänemark so selbstständig schnüffeln konnte, wie sie wollte. Einige Juristen konstatierten zwar eine Verletzung der dänischen Souveränität. Aber von der Regierung selbst ist bis heute kein Wort der Kritik an Washington zu hören.

Die Kritik an den Machenschaften des Magazins ist deshalb ebenso billig wie verlogen. Die Politik hat selbst immer weiter die Tür geöffnet für umfassende Schnüffelei und Überwachung da, wo es ihr passt. Und sie hat die Augen verschlossen vor den schon lange kritisierten großen Sicherheitsmängeln privater und öffentlicher Akteure bei deren Umgang mit vertraulichen Daten der Bürger. Vielleicht wird dieser Erkenntnis ja durch die Erfahrung auf die Sprünge geholfen, wie schnell Teile der eigenen Privatsphäre auf dem illegalen Datenjahrmarkt feilgeboten werden.

Flimmern + Rauschen SEITE 18