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Archiv-Artikel

REINER WANDLER ÜBER DIE ABLEHNUNG DER VOLKSABSTIMMUNG IN KATALONIEN Ein zweckloses Nein

Was lange währt, wird nicht unbedingt gut. Dies sollten die beiden großen Parteien Spaniens, die regierende Partido Popular und die sozialistische PSOE, bedenken. Zusammen stimmten sie den Wunsch der Mehrheit des katalanischen Autonomieparlamentes, Madrid möge der Region das Recht auf eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit einräumen, nieder. 86 Prozent der Volksvertreter im spanischen Parlament bekamen sie hinter ihr Nein unter Berufung auf die Verfassung. Nutzen wird es vermutlich wenig.

Denn die katalanische Unabhängigkeitsbewegung wird zusammen mit der Autonomieregierung nach Wegen suchen, die Bürger über die Zukunft der Region zu befragen. Früher oder später wird dies gelingen, denn der Ruf nach einer solchen Abstimmung ist längst mehrheitsfähig.

Ob diese dann für oder gegen eine Loslösung von Spanien ausgeht, darüber streiten sich die Umfrageinstitute. Doch eines scheint klar. Die Zeit arbeitet für die Nationalisten. Jedes Nein aus Madrid ist eine Ohrfeige für die Katalanen und stärkt den Wunsch nach Unabhängigkeit. In Zeiten, in denen die spanische Politik dem Diktat aus Brüssel und Berlin folgt und trotz Massenprotesten ein bitterer Einschnitt nach dem andern ins Sozialwesen vorgenommen wird, hat die Zentralregierung längst jegliches Prestige verloren. Regierungschef Rajoy redet vom Respekt vor dem Gesetz, während er selbst verdächtigt wird, Schwarzgeld aus illegalen Parteispenden bezogen zu haben.

Und wenn jetzt die Verfassung als unabänderliches Hindernis für eine Volksabstimmung hingestellt wird, können das viele nicht verstehen. Denn ebenfalls auf Druck aus Brüssel wurde 2011 von den beiden großen Parteien eben jene Magna Carta im Schnellverfahren geändert, um eine Schuldenbremse hineinzuschreiben.

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