RALPH BOLLMANN POLITIK VON OBEN : Späte Genugtuung
Frank-Walter Steinmeier ist so erfolglos, dass sich jetzt sogar Kurt Beck mit ihm versöhnt. Der Friede mit dem Parteichef wird wohl noch auf sich warten lassen
Je tiefer die Umfragewerte der SPD fallen, desto mehr entspannt sich Kurt Becks Verhältnis zur aktuellen Parteiführung. Einmal hat er das sehr deutlich durchblicken lassen. „An meinem Bart hat es nicht gelegen“, sagte er zum Jahreswechsel einer Nachrichtenagentur. Damals lag die SPD in Umfragen zwischen 24 und 30 Prozent, inzwischen bewegen sich die Werte zwischen 20 und 24 Prozent. Wahrscheinlich ist Beck jetzt endgültig davon überzeugt, dass er als SPD-Chef sehr erfolgreich war.
So viel Genugtuung macht souverän, so souverän jedenfalls, dass Beck am kommenden Freitag zum ersten Mal seit seinem Sturz gemeinsam mit dem SPD-Spitzenkandidaten Frank-Walter Steinmeier auftritt. Auf Wunsch Steinmeiers allerdings, auf Vermittlung von Parteivize Andrea Nahles und auf heimischem Terrain in Rheinland-Pfalz. Die drei besuchen gemeinsam die älteste deutsche Winzergenossenschaft in Altenahr-Mayschoß, die ahrtypischen roten Spätburgunder produziert und, ungewöhnlich für die Region, auch ordentlichen weißen Riesling.
In Berlin hatte zuletzt das Gerücht die Runde gemacht, Beck habe die traditionelle Sommerparty seiner Landesvertretung abgesagt, um sich dort nicht gemeinsam mit Steinmeier zeigen zu müssen. Alles Unsinn, erklären Becks Entsandte in der Hauptstadt eine Spur zu beflissen. „Das ist eine Entscheidung, die der Hauschef schon im November getroffen hat“, heißt es dort. „Die Wirtschaftskrise wird hart, das sind keine Zeiten für Partys.“
Beck legt bis heute Wert darauf, dass Steinmeiers Nominierung seine souveräne Entscheidung war. Das hat er kürzlich in einem Fernsehfilm über den Kandidaten noch einmal wiederholt. Weil es aus der Umgebung von Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering anders dargestellt wurde, trat Beck seinerzeit zurück. In dem Beitrag beantwortet Parteichef Franz Müntefering nur wenige Sekunden später die Frage, ob er etwas gegen Beck habe. „Nein“, sagt er, mit regungslosem Gesicht. Sonst nichts.
Es war ein durchaus gespenstischer Moment in einem sonst recht harmonischen Film über den netten Herrn Steinmeier. Becks Versöhnungstreffen mit Müntefering, so viel wurde jedenfalls klar, wird noch auf sich warten lassen.
Vielleicht wäre Andrea Nahles dafür auch nicht die geeignete Vermittlerin.
■ Der Autor leitet das Parlamentsbüro der taz. Foto: Archiv