RALPH BOLLMANN POLITIK VON OBEN : Ypsilantis Pech
Wie es der Düsseldorfer SPD und ihrer Spitzenfrau Hannelore Kraft beinahe gelungen wäre, die Kollegin aus Hessen zu rehabilitieren
Den kommenden Mittwoch hatte ich mir vorgemerkt, auch in den Terminkalendern der nordrhein-westfälischen Landtagsabgeordneten war er geblockt. Plenarsitzung, Wahl des Ministerpräsidenten. An einem Mittwoch Ende Juni. So war es immer gewesen, wenn im Mai gewählt wurde. So war es auch beim letzten Mal im Jahr 2005, als der CDU-Politiker Jürgen Rüttgers das Amt übernahm.
Den Termin konnte ich dieses Mal wieder streichen. Es gab bis vorigen Donnerstag niemanden, der sich der Wahl zum Regierungschef stellen wollte, also ergab eine Zusammenkunft der Abgeordneten keinen Sinn. Jetzt soll das Plenum Mitte Juli wieder tagen und mit einer relativen Mehrheit die nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft zur Ministerpräsidentin wählen. Falls bei Rot-Grün bis dahin alles glattgeht.
Pech für Andrea Ypsilanti. Ein paar Tage lang sah alles danach aus, als werde sie durch Kraft rehabilitiert. Durch eine Spitzenkandidatin, die glaubte, dass sie einen Ministerpräsidenten ohne Landtagsmehrheit zermürben kann. Dass die SPD von der Krise der Berliner Koalition automatisch profitiert. Dass sie ihre gefühlte Mehrheit nur behielte, solange sie sich um eine reale Mehrheit im Landtag nicht bemüht.
Das wäre ziemlich sicher schiefgegangen. Es hätte Rüttgers weiter stabilisiert und wohl sogar die Grünen wieder näher an die CDU herangetrieben. Ypsilanti wäre nicht mehr die Einzige gewesen, die ein schönes Wahlergebnis durch taktisches Unvermögen selbst entwertete. Die nicht verstand, dass man im Landtag eine Mehrheit braucht, um ein Bundesland regieren zu können. Dass man den Willen und die Fähigkeit besitzen muss, diese Mehrheit auch für sich zu nutzen.
Das heißt noch lange nicht, dass es mit der Koalition in NRW auch klappt. Zumal Kraft ein paar Tage zu lang brauchte, bis sie ihre Fehlkalkulation erkannte. Das macht skeptisch. Bis sie die Hessin endgültig widerlegt hat, könnte sie noch in einige Fallen tappen.
Ob Ypsilanti heimlich darauf hofft?
■ Der Autor leitet das Parlamentsbüro der taz