RALF LEONHARD ÜBER DIE WAHL IN ÖSTERREICH : Große Koalition mit Rechtsdrall
Österreich rückt in Krisenzeiten nach rechts. Vordergründig bleibt zwar alles beim Alten, weil die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP neuerlich mit einer Mandatsmehrheit ausgestattet wurden. Die gemeinsame Mehrheit wird aber von Wahl zu Wahl prekärer und die Fortsetzung der ehemals großen Koalition kann kaum als sexy verkauft werden. Die Koalitionsparteien stehen also unter einem gewissen Zugzwang.
Kanzler Werner Faymann appelliert als Chef der stärkeren Partei an die ÖVP, ihre Blockade einer umfassenden Bildungsreform und eines gerechteren Steuersystems aufzugeben. In Wahrheit sitzt aber die zum Juniorpartner verdammte ÖVP am längeren Hebel. Denn eine rechnerische Mehrheit von ÖVP, FPÖ und Team Stronach, der Partei des austro-kanadischen Milliardärs Stronach, ist möglich. Vizekanzler Michael Spindelegger will sich daher alle Optionen offen halten und kann bei den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ jederzeit damit drohen, die Karte der Rechtsregierung zu ziehen. Man erinnere sich nur an 1999. Damals kam Wolfgang Schüssel während der Verhandlungen mit der SPÖ gleichzeitig mit der FPÖ ins Geschäft und ließ sich dann von Jörg Haider zum Bundeskanzler machen.
In der ÖVP gibt es eine gar nicht unbedeutende Gruppe, die das Zusammenleben mit der SPÖ so satt hat, dass sie die Variante ÖVP-FPÖ-Stronach nicht nur zum Pokern nutzen will, sondern als ernsthafte Alternative anpeilt. In vielen Punkten herrscht mit den Rechtspopulisten größere Übereinstimmung als mit der SPÖ.
Aber selbst wenn nach den Koalitionsverhandlungen beschlossen wird, den Status quo fortzusetzen, werden die konservativen Positionen der ÖVP größeres Gewicht bekommen und die EU-feindliche und fremdenfeindliche FPÖ unter der Hand mitregieren.
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