piwik no script img

Quotenbringer College-BasketballLandei versus Stadtkind

Lange interessierte sich kaum einer für College-Basketball - bis Larry Bird und Magic Johnson das Parkett eroberten. Heute ist das K.o.-Turnier ein Quotenbringer.

Dunken wie die Großen: Oklahomas Willie Warren in einem College-Spiel gegen Texas Tech. Bild: ap

Es gibt nur drei wirklich wichtige Feiertage in den USA. Am 4. Juli feiert die Nation ihre Unabhängigkeit, im November treffen sich die Familien an Thanksgiving - und kommenden Sonntag begeht das Land den "Selection Sunday". CBS und ESPN übertragen live, wenn die NCAA verkündet, welche 65 College-Basketballteams den diesjährigen Meister ausspielen dürfen.

Denn das alljährlich im März stattfindende K.o.-Turnier ist TV-Quotenbringer, Millionen-Einnahmequelle für die beteiligten Universitäten und nicht zuletzt Obsession für ein ganzes Land: Kein anderes sportliches Ereignis, keine Olympischen Spiele, natürlich keine Fußball-Weltmeisterschaft, aber auch kein Baseball-Spiel und nicht einmal die Super Bowl beschäftigt den US-Amerikaner so dauerhaft und kollektiv wie die sogenannte March Madness. Schon jetzt steht fest, dass am ersten April-Wochenende beim Final Four in Detroit ein neuer Besucherrekord aufgestellt wird: Gespielt wird im Ford Field, wo sonst die Detroit Lions NFL-Football spielen, vor mehr als 70.000 Zuschauern.

Das war nicht immer so. Seit seiner Einführung 1939 fristete das Basketball-Turnier ein vergleichsweise bescheidenes Dasein. Das änderte sich radikal erst vor genau drei Jahrzehnten und hatte exakt zwei Gründe: Larry Bird und Earvin Johnson. Bird war ein weißer Flügelspieler aus dem nicht einmal 2.000 Seelen zählenden French Lick im ländlichen Indiana, aus einfachsten Verhältnissen stammend, wenig gebildet, schüchtern bis verstockt. Johnson dagegen war ein schwarzer Aufbauspieler aus dem von der Automobilindustrie geprägten Lansing in Michigan, eloquent, charismatisch, und erhielt schon im zarten Alter von 15 den Spitznamen "Magic". Während Bird sich auf dem Platz mit einem perfekten Sprungwurf und großem Kampfgeist hervortat, glänzte Magic mit riskanten Dribblings und gewagten Pässen.

Die beiden so unterschiedlichen Charaktere verband nur eins: Sie waren die überragenden Spieler ihrer Generation. Und als Johnsons Michigan State University und Birds Indiana State University sich im Turnier im März 1979 auf Kollisionskurs befanden, bauten die Medien die Konkurrenz der beiden zur Rivalität, zum grundsätzlichen, nahezu nationalen Konflikt auf. Bird war das Landei aus Indiana, repräsentierte das dumpfe, rückwärtsgerichtete Amerika und harte, ehrliche Arbeit. Magic dagegen stand für das urbane Amerika, für das Ghetto, aber auch für Soul, Glamour und "black is beautiful".

Am 26. März 1979 trafen die Antipoden erstmals aufeinander im NCAA-Endspiel von Salt Lake City: Bird spielte mit gebrochenem Daumen, sammelte trotzdem 19 Punkte und 13 Rebounds für seine bis dahin ungeschlagenen Indiana State Sycamores. Noch besser allerdings war Johnson, der die Michigan State Spartans mit 24 Punkten, sieben Rebounds und fünf Assists zum 75:64-Sieg führte und zum herausragenden Spieler des Final-Four-Turniers gewählt wurde.

15.000 waren dabei an diesem historischen Tag im Special Events Center der University of Utah und, noch wichtiger, Millionen an den Fernsehgeräten. Das Finale von 1979 ist bis heute das College-Basketballspiel mit den besten Quoten aller Zeiten. Bird und Magic gaben sich nicht damit zufrieden, den College-Basketball revolutioniert zu haben. Beide wurden anschließend Profis und rette- ten eine NBA, die fast pleite und als Liga der Koksschnupfer in Verruf geraten war. In den ersten neun Jahren in der NBA gewann Magic mit den Los Angeles Lakers fünfmal und Bird mit den Boston Celtics dreimal den Titel: Privat waren die bei- den Stars gut befreundet, aber ihre sportliche Dauerrivalität war der Marketing-Coup, der die Liga gerettet hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!