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■ QuerspalteVolk ohne Gewicht

Schlanker Staat – gestern debattierte der Bundestag. Gewohnt hitzig („Man müßte...“ (Kanther/CDU), gewohnt ergebnislos („Nein“ – Vollmer/GRÜ). Der Kanzler fordert („jetzt“), der Paragraphen-Minister sekundiert (Erforderlichkeiten“ – SchmiJo/FDP), keiner hört zu („...“ – Volk, Beamte). Dabei wäre es so einfach: Anschauungsunterricht bietet das Königreich Tonga. Auch im Südpazifik herrscht „massives Verschlankungsbedürfnis“ (N. N.). Grund: die konkurrenzlose Fettleibigkeit. Schlanker Staat – auch in Tonga wird danach gerufen. Doch dort machen die Menschen in aller „Weite und Breite“ (Westerwelle/ FDP) begeistert mit. Vor einem halben Jahr riefen die Behörden einen Volks-Diät-Wettbewerb ins Leben. Weltweit einmalig. Und erfolgreich: Knapp 1.000 TongaerInnen ließen sich registrieren, 400 hielten durch. Zusammen haben sie bis heute an die sieben Tonnen verloren. Zu gewinnen gibt es Bildungsreisen nach Neuseeland – um leibhaftige Leptosome zu bestaunen. Die fünf ausgedünntesten Tongaer erhielten ihre Preise vom Champion der Gewichtsverlierer persönlich, König Taufa ahau Tupou IV (77).

Das ist praktizierte „Bürgernähe“ (Schily/SPD) und konsequent. Denn wie's Gescherr, so der Herr: Seine voluminöse Majestät (einst 225 kg) hat sich auf twiggyhafte 130 Kilo heruntergesportelt und -diätelt. Was nicht leicht war, denn, sagt sein Hofarzt: „Tupou liebt das Essen so sehr.“ Dennoch ist der Doc Optimist: „Bis zum Jahr 2000 kriege ich ihn noch unter 100.“ Lang lebe König Schlankbauch!

Auffallend: Er begann mit seinem Kilo-Countdown genau zu der Zeit, als sich „in diesem Lande“ (Schlee/CDU) ein klobiger Polit-Monarch (das lebende Gegenbeispiel“ – Gysi/PDS) mit ebensolchen 2,5 Zentnern auf den Regierungsthron plumpsen ließ. „Wir fordern“ (Körper!/ SPD): Auch bei uns muß „ohne Wenn und Aber“ (Hustedt/GRÜ) „dementsprechend“ (Henske/CSU) endlich was passieren, „sonst“ (Kanther) wird's nie was mit „schlankem Staat“ (alle). Bernd Müllender

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