■ Querspalte: „Sputnik-Stadt“
Der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) hat vorgeschlagen, die Stadt Halle in „Sputnik-Stadt“ umzubenennen. Dazu sagte Biedenkopf am Mittwoch im Radioprogramm MDR- Life: „Wer Karl-Marx-Stadt in Chemnitz zurückbenennen kann, der wird auch vor umgekehrten Schritten nicht zurückschrecken. Politische Symbolik darf nicht nur das Privileg des menschenverachtenden SED-Regimes gewesen sein.“ Hintergrund des Vorschlages: Das in „Sputnik“ umbenannte DDR-(jetzt: MDR-)Jugendradio DT64 wird demnächst aus Berlin wegziehen und seinen Sitz in der sachsen-anhaltinischen Metropole Halle nehmen. Es wird dann statt über Mittelwelle per Satellit verbreitet werden.
Der alte Name DT64, der sich auf das Deutschlandtreffen der FDJ im Jahre 1964 bezog, war den Christen im Südosten eine Dornenkrone im Auge gewesen. Deshalb hatten sie Biedenkopf das Mandat für die Namenssuche erteilt, der dann zusammen mit CDU- Arbeitsminister Norbert Blüm („Marx ist tot, Jesus lebt!“) auf „Sputnik“ kam. Der neue Name geht auf die deutschsprachige Glasnost-Zeitschrift Sputnik aus der UdSSR zurück, die SED-Chef Honecker im Jahre 1987 hatte verbieten lassen. Die Frage nach Anklängen an den gleichnamigen kommunistischen Satelliten und Propagandaerfolg kommentierte der Ministerpräsident mit den Worten: „Ich finde, Sputnik klingt auch heute, nach so vielen Jahren, noch modern.“ Die beiden Vorschläge einiger Ost-Parteifreunde („Satellitenstaats-Radio“, „Schüsselland-Funk“) hätten nicht die Zustimmung der Länder Thüringen und Sachsen-Anhalt gefunden. Aus der Stadtverwaltung von Halle waren gestern nur resignierte Kommentare zu vernehmen: „Dabei hatten wir gerade so schöne neue West-Ortsschilder bekommen.“ kotte
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