■ Querspalte: Der Beweis Gottes
Darf man Menschen wie Lothar Matthäus oder Michael Jackson nach Dingen wie Annemarie Schimmel, Greenpeace oder Pädosexualität fragen? Ja, man müsse sogar? Falsch. Es sind ja im recht eigentlichen Sinne keine Menschen, sonst würden wir sie nicht fragen. Was interessiert uns die Meinung von irgendeinem? Stars sind Götter, Lichtgestalten, die mit solch irdischen Gebrechen wie Politik und Sexualität nichts zu schaffen haben, was sie im übrigen von Schriftstellern und Schlagersängern wie Günter Grass und Peter Maffay unterscheidet.
Dieser Tage hatte die Welt Gelegenheit, in Zwiesprache zu treten. Aber was heißt sprechen? Über Compuserve bzw. andere Datennetze war es uns vergönnt, Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Sie waren eigens für uns online geschaltet. Und wir hatten unseren – insgeheim ja sakralen – Spaß, als sie uns antworteten. Ja, er werde bald trainieren, sagte der Kicker; ja, er fühle manchmal wie Christus, der auch von der Öffentlichkeit immer so gemein behelligt wurde, bekannte der Popprinz aller Popprinzen. Es war wie eine Weihe, so als ob unsereins mit Michael und Loddar an einem Tisch sitzt.
Und nun wieder das Gemosere: Die FAZ wollte doch tatsächlich vom Münchner Fußballer eine Meinung zu Annemarie Schimmel und dem Bundeskanzler haben. Und einer behelligte Michael Jackson sogar mit der Bitte um eine Meinung zur Liebe mit Kindern. Ekelhaft. Wenn solche Sitten einrissen, würde Roland Kaiser demnächst dafür kritisiert, nicht den „Kleinen Trommler“ zu singen. Wozu sind es Stars, wenn nicht gerade deshalb, weil sie nicht das Prinzip Alltag verkörpern und beim ersten Franzosenfurz gleich eine Yacht in die Südsee chartern?
Der Mensch von der FAZ wurde übrigens aus dem Programm geworfen: „Disconnected from network“. Strafe muß sein. Der Moderator der Talkrunde will es nicht gewesen sein, von Zensur sei keine Spur. Gibt es einen schöneren Beweis, daß Gott noch die Seinen schützt? Jan Feddersen
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