■ Querspalte: Zug um Zug, Aug um Aug
Bayern gibt's dem Italiener volle Kanne. Und der? Der wackelt und wankt. Erst bürstet das Waigel mit der Augenbraue die Lira ab. Hält überm Brenner die rote Karte hoch: Nix da mit Währungsunion, wenn die Lire delirieren! Und was machen die Signori? Fahren subito übern Brenner und ertränken ihren Ärger auf dem Münchner Oktoberfest.
Due Maß con Wurstel! Altre tschinkwe Maß! Ecco, da wird ordentlich nachbestellt, von wegen: maßhalten. Da zeigen sich die kulturellen Unterschiede: Wer seinen Kaffee aus fingerhutgroßen Behältnissen trinkt, der sollte Obacht geben, wenns Getränk in wuchtigen Literhumpen dargereicht wird.
Weil nämlich, wie die AZ eine Bedienung „hinter vorgehaltener Hand“ hat erzählen hören: „b'soffene Waagscheitl“ vokalreich rumlallen, rumtatschen, umfallen. Während der auf hohe Mengen geeichte Einheimische Zug um Zug Haxe um Haxe runterspült, verdreht der Italiener Schluck um Schluck Aug um Aug.
„Massenweise Vollräusche“ wurden von der Wies'n vermeldet. Unter dem Vorwand, Schaden vom ausländischen Gast abwenden zu wollen, werden inzwischen — heimlich — „Spaghetti-Maß“ (Wirtsjargon) ausgeschenkt: Alkoholfreies Bier, vom Schankschreiber der AZ als „bleifreier Stoff“ verspottet.
Böser Betrug, das. Volle Kanne auf'm Tisch, aber nichts drin. Placebo-Bier. So nicht! Den Gesetzen der Gastlichkeit ist das Recht auf Rausch konstitutiv. Oder wurde je in Rimini Gabi und Heinz der Grappa verweigert? Statt Espresso dem deutschen Reisekollektiv koffeinfreie Plörre angedreht? Mit dem hinterlistigen Argument zudem, den bleichen Nordlingen solle das Herzkasperl erpart bleiben?
Dabei hätte das Waigel allen Grund, der „Waren-Unterschiebung“ (Juristenjargon) auf der Wies'n Einhalt zu gebieten, ja, mit der bürstigen Braue vor der eigenen Parteitür zu kehren. Nur zur Erinnerung die CSU-Alkohol-Unfall-Statistik: Wolf Feller 2,36 Promille, Franz Heubl 2,3 Promille, Otto Wiesheu 1,9 Promille ... Luik & Thomma
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