■ Querspalte: Frauen und Leistungen
Was wird nicht alles für die am meisten geknechteten Kreaturen auf dieser Welt – Hunde, Frauen und Ostler – getan. Die Hunde kriegen Chappi, und um die anderen kümmert sich unser Bundespräsident.
Roman Herzog hat jetzt in einem Brief an alle Landesregierungen mitteilen lassen, daß er bei der Vergabe des Bundesverdienstkreuzes einiges ändern will. (Wahrscheinlich arbeiten 297 Beamte an einem neuen Ordensverleihungsvergabeanforderungskriterienkatalog.) „Besonderes Augenmerk“ möchte er in Zukunft auf „Frauen und Bewohner der neuen Bundesländer“ legen, „die wegen fehlender Vorschläge nicht angemessen unter den Empfängern vertreten sind“. Die Frauen lockt Herzog dabei mit der Quote (mindenstens 30 statt wie bisher rund 15 Prozent!), auf daß ihnen, wie dem Pawlowschen Hund, gleich der Speichel von den Lefzen tropft, und die Ostler nehmen ja eh alles, was sie geschenkt bekommen.
Man kann sich richtig vorstellen, wie das so aussieht, wenn der Herr BuPrä die gequoteten verdienten Frauen des Volkes um sich schart, Sektglas in der Hand, Nelken auf dem Tisch, Rüschenhemd an der Brust, weil: Das hatten wir schon mal. Der Genosse Erich Honecker – „er lebe hoch, hoch, hoch“ – hat das immer ganz spitzenmäßig durchgezogen: Ein Dank euch Frauen, die ihr an den Werkbänken und in den Klassenzimmern, in den Krankenhäusern und Bibliotheken, in den Sporthallen und an der unsichtbaren Front euer sozialistisches Vaterland – das müßte man jetzt natürlich durch „soziale Marktwirtschaft“ ersetzen – stärkt.
Viel Spaß werden wir auch an der Ehrung von „Bewohnern der DDR“ haben, die „unter der kommunistischen Herrschaft Leistungen erbracht haben“, die aber „dort nicht gewürdigt wurden“ (Herzog). Na ja, Leistungen gab es in der DDR ganz schön viele. Meine Freundin hat einen Ein-Megabit-Chip mitentwickelt, der ein bißchen kleiner war als der offizielle Chip, der Honecker 1987 mit einem Gabelstapler überreicht worden ist. Die hat nicht mal die Batterien dafür ersetzt bekommen. Jens König
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