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■ QuerspalteKönnen Soldaten denken?

Daß in der US-Kriegsmarine eine Elite der sexuellen Belästiger und Kampftrinker Dienst tut, ist seit längerem bekannt. Schlachtfelder hinterlassen die Jungs nicht nur rund um den Globus, sondern auch in Hotels. Und seit das andere Geschlecht gleichberechtigt mit Kampfjets auf Flugzeugträgern landen darf, ticken die Rambos völlig aus. Hier die neueste Meldung: Auf dem Flug von Virginia nach Kalifornien wird eine 23jährige Soldatin der US-Kriegsmarine massiv von ihrem 49jährigen Vorgesetzten, einem Unteroffizier, sexuell belästigt. Stockbetrunken begrabscht er die junge Frau am ganzen Körper. Doch ihre Hilferufe bleiben ungehört. Zwei anwesende männliche Offiziere ignorierten die Tat, bis sich schließlich ein weiterer erbarmt und dafür sorgt, daß sich der ebenfalls an Bord befindliche Kaplan der Marineeinheit schnell neben das Opfer setzt.

Ähnlich ignorant, aber dann doch mit heftigem christenmenschlichen Willen, reagiert die Navy-Führung auf den Fall. Als die Sache schließlich öffentlich wird, noch bevor Anklage gegen den Belästiger erhoben ist, veranlassen die Obermatrosen folgenden Bußgang: Alle 430.000 Angehörigen der US-Kriegsmarine müssen einen Tag Zwangsurlaub nehmen, damit sie über die sich in der Truppe häufenden Sex- und Drogenskandale nachdenken können.

Beim Nachdenken über das Nachdenken stellen sich zwei Fragen: Wer sorgt dafür, daß an dem feuchtfröhlichen Zwangsurlaubstag neben jedem männlichen Soldaten ein Militärgeistlicher sitzt? Und: Wie wird die Navy-Führung solche Affären in Zukunft vermeiden? Ach ja, da die US-Streitkräfte sowieso gern geheimisvolle neue Medikamente an ihren Soldaten und Soldatinnen testen, könnten sie es ja mal mit folgender Droge probieren, über die die Nachrichtenagenturen ebenfalls an diesem Wochenende berichten: Die „Pille gegen unangenehme Erinnerungen“, ein Adrenalinblocker. Aber das ist für die Kampfmaschinen der Navy vielleicht doch nicht so ganz das richtige. Philip Kahle

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