piwik no script img

■ QuerspalteUrin im Euro

„Wir kamen an Multimedia nicht vorbei“, lautete gestern die profane Begründung der deutschen Sprach-Gesellschaft für ihr „Wort des Jahres“. Wären sie mal, kann man da nur sagen, dann hätten sie dem Euro den Platz zugewiesen, der ihm gebührt – den ganz oben. Der portugiesische Regierungschef Antonio Guterres fand auf dem EU-Gipfel vor ein paar Tagen die richtigen, weil biblischen Worte dafür: „Euro sei dein Name, und auf diesem Euro werden wir unser Europa errichten.“ Das steht zu befürchten.

Aber schon wer sich nur für die korrekte Aussprache dieses Euro interessiert, dem wird klar, daß die künftige gemeinsame Währung viele Namen hat. Auch wenn sie fast überall einheitlich geschrieben wird. Die Franzosen sagen Öro, die Italiener, Spanier, Dänen, Schweden und Finnen E-uro, wobei einige Schweden ausdrücklich darauf hinweisen, daß ihre finnischen Nachbarn ein sehr grobes „rr“ pflegen. Die Engländer und ihre weltweiten Ableger sprechen vom Juro, und die Griechen haben, wie so oft, gleich wieder einen Berg von Problemen. Im griechischen Alphabet sieht das R ganz anders aus. Ein in allen Ländern einheitlich mit Euro bedruckter Geldschein, der auch in Athen gelten soll, ist also nur schwer vorstellbar.

Aber es kommt noch dicker. Schon bei zwei Euro sagen die Griechen Eura, was wie Oura klingt und Urin heißt. Aber in Griechenland wird ohnehin in hundert Jahren noch mit Drachmen bezahlt. Athen hat nicht die geringste Chance, die Stabilitätskriterien zu erfüllen. (Nicht mit und nicht ohne Mimi.)

Also Fragen über Fragen. Und es geht weiter: Heißt es der Euro, die Euro, das Euro? Ist sie männlich oder weiblich? Und wie heißt das Kleingeld? Eurocent sagen die einen. Im Regionen-Ausschuß der EU faselten sie was von Eurole und Eurinho. Beim jüngsten Europa-Gipfel in Madrid wurde auch Euröschen ins Gespräch gebracht. Das fand aber keinen Prinzen, der es wachküssen wollte. Und so schläft der ganze Euro noch. Alois Berger/Reiner Wandler

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen