■ Querspalte: Abendmahl aus dem Aludöschen
Die letzte Bastion des Essens und Trinkens wird geknackt: das Abendmahl. Die McDonaldisierung der heiligen „Wandlung“ kommt prächtig voran. Zum Stückpreis von 12 Pfennig bietet der deutsche Lizenznehmer „Church Data Service“ jetzt europaweit das praktische, portionsweise verpackte Rundum-Instant- Abendmahl für den hygienebewußten Kirchgänger. Das voll sterile Plastikset – in den USA schon 40millionenfach verkauft – macht Schluß mit versabberten Kelchen und Oblaten aus der Großpackung, die durch Pfarrers mikrobenbehaftete Hände gehen.
Statt dessen befindet sich das Blut Christi kaffeesahnedöschengleich in einem Miniatur-Plastikbecher. Und der Leib ist als Oblate keimfrei oben auf dem Aludeckel eingeschweißt. Die kultische Ware wird in verschiedenen Geschmackssorten – trocken bis lieblich – in der 500er- Großpackung angeboten.
Mit der Innovation wird endlich auch die beklemmende Stille in der Kirche beseitigt. Das Abendmahl wird lebendiger: Knackende Aludöschen, aufreißende Plastikfolien mit davonkullernden Oblaten und anschließendem Entsorgungsgeraschel verlangen aktive Christen mit guten Nerven. Das Gemeinschaftserlebnis könnte durch wechselseitige Hilfen beim Oblaten-Zerren neu belebt werden. Die Gemeinde sollte allerdings kräftige Organisten anstellen, die mit Fortissimo furioso musikalisch gegensteuern.
Noch wehren sich konservative Kirchenkreise gegen die Hygienerevolution. Sie wollen durch Intensivreinigung mit 70prozentiger geruchs- und geschmacksneutraler Alkohollösung die alten Gemeinschaftskelche retten. Arbeitsämter und Fuhrunternehmen begrüßen indes das heilige Plastikset. Zusätzlich zum Gemeindediener werden die Entsorgungsbrigaden zur Beseitigung des Mülls den Arbeitsmarkt entlasten. Die Kirchen werden durch die Müllmänner wieder voller. Und der neben dem Altarkreuz installierte Grüne Punkt sorgt für ökologisches Bewußtsein. Plaste-Abendmahl – find' ich gut! Manfred Kriener
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