■ Querspalte: Rätsel um Reemtsma
Das Leben gibt uns jede Menge Rätsel auf, und alle wollen gelöst werden. Das größte Rätsel ist neuerdings die Entführung von Jan Philipp Reemtsma. Es unterscheidet sich von allen anderen nur dadurch, daß es nicht gelöst werden will.
Jeder, der kriminaltechnisch einigermaßen bewandert ist – „Fahr schon mal den Wagen vor, Harry“ –, kann das an den Fragen der Ermittler ablesen, die nach fünf Tagen Fahndung rund um die Uhr öffentlich gemacht worden sind: Wie wäscht man 30 Millionen? Kann meine Mutter mit soviel Geld einfach so ins Flugzeug steigen? Wieviel Mark sind eigentlich 30 Millionen Mark? (Wen es interessiert: Alle drei Antworten lauten – nein.)
Die Frage jedoch, die geradewegs zu den Tätern führt, hat die Kripo-Sonderkommission nicht gestellt: die soziale Frage. Bild hilft: „Kann man Lösegeld von der Steuer absetzen?“
Der Bundesfinanzhof hat dazu 1980 ausführlich Stellung genommen. Bei Firmen ist Lösegeld keine absetzbare Betriebsausgabe. Bei Privatpersonen ist es jedoch als außergewöhnliche Belastung absetzbar, aber nur für den Fall, daß der Entführte einen Kredit aufnehmen mußte. Im Falle Reemtsma gibt es die Beobachtung eines Zeugen, die an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben sollte: Am 20. April sei ein mittelgroßer Mann mit gebrochenem Nasenbein, an Händen und Füßen gefesselt sowie geknebelt, in einer Filiale der Sparkasse in Münster dadurch aufgefallen, daß er 30 Millionen Mark ausgezahlt bekam, obwohl er seine EC- Karte vergessen hatte. Auf die empörte Frage des Zeugen, ob hier jetzt jeder so leicht einen Kredit bekomme, habe der Mann nicht geantwortet. Auf diese Zeugenaussage angesprochen, erklärte die Polizei, es sei nicht ganz ausgeschlossen, daß dieser Vorfall etwas mit der Reemtsma-Entführung zu tun hat.
Ganz nah dran am Rätsel um Reemtsma ist die Bunte: „Ist Liebe auch ein Verbrechen?“ fragt das Blatt ganz aufgeregt. Wir können beruhigen: Wenn sie von der Steuer absetzbar ist, dann nicht. Jens König
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