piwik no script img

■ QuerspalteWer war Jesus?

Vielleicht war er ein Hippie, ein bißchen bi und auch sonst lieb zu den Tieren des Waldes, den Vögeln in der Luft und zu den Fischen in den bescheidenen Rinnsalen Galiläas, ein etwas penetranter, aber harmloser, schlappentragender Wanderprediger mit zweifelhaften hygienischen Gewohnheiten – aber wen juckt das schon?

Unsere Feiertagspresse.

Zu Pfingsten glutäugelt das liebe Jesulein jesuschristsuperstarmäßig von der theologischen Fachzeitschrift Focus. Da kann man sich bei der anderen Konfession nicht lumpen lassen, obwohl, doch sieht der Spiegel den Sektengründer mehr als Schmerzensmann, dornenkronengekrönt, aber dafür acrylbunt kartoffelgedruckt wie vom Meister Andy Warhol selber, aus der Schaffensperiode Schöner leiden.

„Wer war Jesus?“ rätselt es aus München – ein Vogel, ein Flugzeug oder doch Wonderwoman? Auf jeden Fall einer für die ganze Familie. Während man in Hamburg, dem Räubernest der Reemtsma-, Blockhaus- und Autobahnerpresser, gleich zur Spurensicherung schreitet und einen Steckbrief herausbringt: „Gesucht: Ein Mensch namens Jesus“. Von einer Belohnung für sachdienliche Hinweise – ein Platz in der VIP-Lounge bei der nächsten außerplanmäßigen Kreuzigung wär zum Beispiel ganz nett oder als Trostpreis wenigstens drei Rosenkränze gratis – ist natürlich wieder nicht die Rede.

Sie können ihn einfach nicht in Frieden ruhen lassen, weder bei Maria Magdalena noch bei seinem Lieblingsjünger Johannes oder zur Rechten Gottes. Es wird entmythologisiert, exegesiert, hermeneutisch aufbereitet und vermenschlicht, daß alles zu spät ist. Der Papyrus staubt, das Weihwasser wird brackig, und wenn das Wetter hält, wandelt Jesus fahrplanmäßig um fünf übern See Genezareth.

Wer war nun der Mensch Jesus? Erich von Däniken? Wladimir Schirinowski? Mickey Mouse? Ach, du liabs Herrgöttle von Biberach! Wenn er nicht gestorben ist, dann feiert er Weihnachten die nächste Auferstehung. Willi Winkler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen