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■ QuerspalteSoldaten auf Sendung

Achtung, Achtung! Hier spricht Berlin. Live vom Bundeswehr-Gelöbnis vorm Charlottenburger Schloß.

Daß die Vereidigung von 300 Rekruten vom senatstreuen Privatsender Hundert,6 exklusiv übertragen wird, ist von soldatischer Konsequenz: Schließlich sorgt der mit seinem volkstümlichen Programm schon seit Jahren für kollektives Wegtreten an den Volksempfängern der Hauptstadt. Heute rücken die Kameraden vom Radio zum Morgenappell in die Justus-Leber-Kaserne ein und marschieren anschließend geschlossen zum Treueschwur in preußischer Kulisse. Als musikalisches Rahmenprogramm könnten wahlweise das Klackern der Knobelbecher dienen oder ein Remix aus den Aufklatschgeräuschen ermüdeter Soldaten.

Zwischen Senat und dem Privatsender sind die Reihen bereits seit längerem fest geschlossen. Erst neulich gelobte Hundert,6-Admiral Georg Gafron, der Hauptstadtkommandantur treu zu dienen und die Hofberichterstattung zum Tag der offenen Tür des Berliner Abgeordnetenhauses tapfer zu verteidigen. Vor allem gegen die öffentlich-rechtlichen Sender, denen in beiden Fällen nur die Rolle des Schützen Arsch bleibt. In aller Schärfe protestiert der ORB gegen die „Einschränkung des Prinzips der Öffentlichkeit“.

Dabei füllen die Funker von Hundert,6 nur ein Vakuum, das spätestens seit der Einstellung des RIAS im Hauptstadtäther klafft: Der durch alliierte Folklore sozialisierte Berliner wünscht sich schon lange einen waschechten Soldatensender zurück, um sich in lokalpatriotischen Stunden geostrategischer Wichtigkeit zu überzeugen. Dazu gehört die Abstrafung befehlsverweigernder Medien genauso wie der Einsatz gegen renitente Demonstranten, die befürchten, daß mit den militärischen Ritualen auch das preußische Rechtstaatsempfinden reanimiert werden soll. Gafron und seine Truppen werden die ehemalige Hochburg der Kriegsdienstverweigerer schon schleifen. Das heutige Live-Gelöbnis ist ein Stechschritt in diese Richtung. Oliver Gehrs

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