■ Querspalte: Hoffmann, meine Hoffnung
Butch Hoffmann hegt, so weiß die Nachrichtenagentur AP, in seiner Werkstatt treu den letzten Pin-up-Kalender der USA. Natürlich ist es gar nicht der letzte Pin-up-Kalender, aber eines der letzten Exemplare, in dem Frauen in zu kleinen Bikinis auf zu breiten Reifen reiten. Denn die Autozulieferer trauen sich in Zeiten, in denen Frauen auch schon mal versehentlich als Menschen durchgehen, nicht mehr, die Bilder ihrer Stoßdämpfer (haha) mit prallen Brüsten zu dekorieren. Natürlich nicht aus plötzlicher Einsicht, daß in der Reihe Wagen – Weiber – Ware ein Ding nicht zu den anderen paßt, sondern weil Frauen es inzwischen hier und da sogar bis zur Kundin geschafft haben, und man ihnen auch weiterhin ungestört in die Talerbüchse greifen möchte.
Leute wie Butch „Hoffnung“ Hoffmann hocken nun traurig zwischen Ölfässern und roten Werkzeugkästen, und der letzte Kalender ist schon ganz fleckig von Tränen oder so. Wo sollen wir hinsehen in unserer Werkstatt? wimmern sie. Autos sind so häßlich. Ölfässer vermögen nicht zu befriedigen. Leute wie Butch Hoffmann werden eine Bürgerinitiative gründen; sie wird „PINUP“ – „People in Not unter Pin-up-Verbot“ – heißen.
Und dann komme ich, getarnt als Fotografin einer engagierten deutschen Tageszeitung, und besuche Butch Hoffmann. Er wird mir sagen: „Wenn ich einen Blick auf so etwas Nettes werfe, denke ich an was Schönes und gehe wieder an die Arbeit.“ Ich werde ihm antworten: „Butch, leg dich auf die Kühlerhaube und entspann dich. Öffne deinen Overall und spiel an dir herum, am besten mit einer Rohrzange. Versenk dich kopfüber im Ölfaß und zeig uns deinen nackten Arsch. Das wollen wir sehen, Butch, wir alle. Tu etwas für die Verkaufszahlen und sei ein lieber Junge.“
Aber niemand denkt an etwas Schönes, wenn Butch mit seinem Auspuff Reklame für ein Auspuffrohr macht. Deshalb kleben die amerikanischen Autozulieferer in Zukunft Schmiermittel-Bilder in ihre Kalender. Wenn ich so etwas Nettes sehe, denke ich an gar nichts und gehe wieder an die Arbeit. Susanne Fischer
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