piwik no script img

■ QuerspalteHeimkehr der Kamele

Daß der Rotfeldener Kamelzüchter Wilhelm Breitling „nemme ganz sauber isch“ respektive man ihm „ins Hirn gsoicht“ habe, ist in seiner Heimat im tiefen Schwarzwald weitgehend Konsens. Daß er mit dem Freudenstädter CDU- Bundestagsabgeordneten Fuchtel einen zweiten Kamelfanatiker und Mitstreiter fand, wurde unter „etz schpennt dr Fuchtel au no“ abgebucht.

Daß es dem Schwarzwälder Kamelzüchter dann gelang, 30 geistig gesunde Menschen zu einem Jockeykurs für Kamelreiter in den Emiraten zu überreden, hat heftiges Raunen im schwarzen Tann ausgelöst: „Herrgottle, schmeiß Hirn rab!“ Der knallharte Konkurrenzkampf, der um das erste Kamelrennen auf deutschem Boden ausbrach, bis es Herr Diepgen an sich riß, verschlug dann selbst den Schwarzwäldern die Sprache: „Em Breitling soine Wüschtarösser 'z Berlin? Des isch verloga!“

Als Diepgen mitteilen ließ, das Kamelrennen vertiefe „die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der arabischen Welt und Deutschland“, wurde dies im Schwarzwald nicht mehr kommentiert. In Berlin auch nicht. Hier stehen nicht das geistige Wohlbefinden der Senatsspitze oder die körperliche Unversehrtheit der Jockeys im Mittelpunkt, sondern das Temperaturempfinden des Kamels. Tierschützer sorgen sich, die Tiere könnten sich erkälten. Die jagende Kamelmeute im Stadionoval von Hoppegarten – das sei alles andere als artgerecht, erklären die Tierfreunde Nagold und wedeln mit dem Tierschutzgesetz. Das Kamel sei ein Wüstentier und Berlin nicht die Sahara. Pech nur, daß Hoch „Hannes“ gerade jetzt bestes Wüstenklima bringt. Seit Tagen ist es in Berlin deutlich heißer als in Arabien. Die 17 eingeflogenen Kamele von Scheich Zayed werden sich wie zu Hause fühlen. Und die Trampeltiere von Breitling sowieso. Die stammen nämlich aus der Hauptstadt. 1987 kaufte der verrückte Kameltreiber für 7.200 Westmark die ersten zwei Exemplare vom Ostberliner Tierpark. Back to the roots! Manfred Kriener

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen