■ Querspalte: Taxifahrer als Hilfssheriff
Taxifahrer sind Supermänner. Wenn sie endlich mehr tun dürften, als fahrradlose Menschen von einem Ort zum anderen zu chauffieren, wären die Straßen wieder sauber, und deutsche Frauen könnten nach Mitternacht stundenlang über unbeleuchtete Waldwege schlendern. Ohne Angst, daß plötzlich ein Rauschmittel-Distributor vom Baum springt und sie zu einem Geschäftsabschluß zu überreden versucht. Jeder, der mal einen Taxifahrer hat monologisieren hören, weiß das – nur Politiker nicht.
Nicht einmal Henning Voscherau, der mit Taxifahrer-Philosophie seinen Wahlkampf bestritt, hat begriffen, daß seine Brüder und Schwestern im Geiste zu Höherem berufen sind. Die Folgen kennen wir seit Sonntag abend.
Doch erfreulicherweise gibt es in Sachsen einige plietsche Polizisten, die die Qualitäten der taxifahrenden Staatsdiener ohne Uniform zu würdigen wissen. Im Grenzgebiet zu Polen verteilten die Ordnungshüter unlängst Flugblätter und baten die Kutscher um „Mithilfe“ gegen höchstwahrscheinlich Kriminelle, die irgendwie „ausländisch“ aussehen. Und so beförderte schon bald darauf ein Chauffeur einen Kunden mit weniger hellem Teint statt zu dessen Fahrziel schnurstracks zur nächsten Wache. Der Grund: Der Mann hatte sich geweigert, ein Dokument vorzuholen, das über seine Aufenthaltsberechtigung in Deutschland Auskunft gibt.
Der Ansatz ist sicher lobenswert, allein die Konsequenz läßt noch zu wünschen übrig: Wie sollen sich die Taxifahrer bei dänischen Serienmördern verhalten, die nicht einmal ein bißchen Polnisches an sich haben? Vielleicht sogar perfekt sächseln? Es wäre sinnvoll, die Mitarbeit der Kraftdroschken-Piloten auszuweiten: Sie müßten auch auf Männer mit Aktenkoffern angesetzt werden, denn in Aktenkoffern – das weiß schließlich jeder – sind immer große Mengen Geld versteckt. Sogar Männer, die einen Geigenkasten mit Knarre dabeihaben, können derzeit noch problemlos mit dem Taxi durch Sachsen fahren. René Martens
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