■ Querspalte: Reiz oder Zwang?
Bisher kennen nur wenige Bundesbürger das von der Kohl- Regierung geförderte Forschungsmagazin Arbeit und Natur. Darin ballt sich allmonatlich das neueste Wissen zum völlig unterschätzten Zusammenhang zwischen Sozialem und Natürlichem. (Merke: Die Natur kennt keine Arbeitslosigkeit!) Daß der Sozialstaat ein anorganisches Gebilde ist oder zumindest ein krankes, hat sich dem geneigten Leser schon erschlossen. Denn Naturwissenschaftler haben unser Sicherungsgebilde im Laborversuch nachgebaut und als „verkrustet“, „versteinert“, „gelähmt“ entlarvt. Die freie Marktwirtschaft erwies sich dagegen als „belebt“. Leistung macht „Lust“, und neuerdings sind auch Lufthansa-Aktien „sexy“. Kapitalismus ist gut für die Fortpflanzung, alles klar. Aber was ist mit den Arbeitslosen? Was sind die vier Millionen Mitbürger für eine Spezies? Genauer gefragt: „Reiz“ oder „Zwang“? Die Frage brennt Bonner Politikern auf den Nägeln. Deswegen wurde jetzt ein wissenschaftliches Team in Erlangen mit einschlägigen Laborversuchen beauftragt.
Eine repräsentative Stichprobe ist schon ausgewählt, drei Probanden in Freizeitsocken und karierten Golfhosen. Die Wissenschaftler bauten zwei Versuchsstrecken auf. Eine in Pink, erfüllt von frischesten Herrendüften und mit Automaten, aus denen die Erwerbslosen ein paar Kombilohn- Scheine ziehen dürfen. Darüber blinkt der grüne Schriftzug: „Anreiz!“ In der zweiten, grau gepinselten Strecke muffelt es, drei Kehrbesen winken, aus Lautsprechern dröhnen Kommandos, ein roter Schriftzug verkündet: „Zwang“. Am Ende der beiden Strecken ist eine weiße Tür mit der Aufschrift „Echter Job!“ zu öffnen. Jetzt die Experimentfrage: Welche Strecke wählen die Probanden freiwillig und wenn ja, auf welcher Laborstrecke eilen sie schneller zum Ziel? Na?! Reiz oder Zwang! Die Leser von Arbeit und Natur sind aufgerufen, ihren Tip abzugeben. Als Preis winkt, wie könnte es anders sein, ein „echter Job auf dem ersten Arbeitsmarkt“! Wenn das nichts ist. Barbara Dribbusch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen