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■ QuerspalteBarbie Moss

Wenn Ikonen stürzen, hat das meist ideologische, oft aber auch ganz profane bauliche Gründe. Stöckelschuhe mit abgeknickten Füßen zum Beispiel, stelzenlange Beine, eine spindeldürre Taille und diesen erkerähnlichen Busen, der seine tapfer smilende Trägerin mit ständigem Vornüberkippen bedroht. Keine Frage, allein unter statischen Gesichtspunkten war die Barbie-Puppe eine glatte Fehlkonstruktion. Ein Monster, allen anatomischen Gesetzen widerstrebend, aber nichts Geringeres als ein weltumspannendes Schönheitsideal. Im nächsten Jahr aber ist alles: vorbei. Die alte Barbie ist out, nicht mehr zeitgemäß, sanierungsbedürftig. Totallifting auf neues US-Schönheitsmaß ist angesagt. Die Platinhaare weicher, die Hüfe schmaler, die Taille breiter, vor allem aber: Barbies Busen wird flacher.

Letzteres läßt verzweifelte Mütter egal welcher Körbchengröße hoffen. Wie oft haben sie ihre Töchter weggezerrt von dieser alle feministischen Sozialisationsversuche verhöhnenden Sexbombe, wie haben sie schließlich kapituliert vor dem phonstarken Gequengel in der Vorweihnachtszeit. Sie haben Barbies Abendkleid heimlich zu Klump gewaschen und ihrem Bikinioberteil die Träger durchgeschnitten. Doch keine mütterliche Sabotage taugte, um das Urbedürfnis kleiner Mädchen nach bombenbusigen Blondinen zu zerstören.

Die neue dünne Barbie bietet da neue Chancen. Wir könnten sie auf klapperdürres Kate-Moss-Format runterhungern. Und wie die zerrupften Models auf den Haute-Couture- Laufstegen könnte sie gut auch ein bißchen auf Droge kommen, mit irrem Blick und Fetzen um die Lenden. So bulimisch wie Lady Di, wird Barbie-Kate dann automatisch immer weniger werden. Und irgendwann würde sie wie ein vernachlässigtes Tamagotchi einfach den Hungertod sterben oder – dafür würden wir sogar einen gepanzerten Barbie-Daimler spendieren – mit 180 Sachen durch einen Tunnel rasen. Als Queen Barbie der Herzen könnte sie dann ein für allemal aus dem Leben sämtlicher Töchter scheiden. Vera Gaserow

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