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■ QuerspalteVerschwörung am Kamin

Es ist nicht der Frühjahrssturm, der das Unheil bringt. Der Wind, der die Schornsteinfeger von Berlins Dächern fegen soll, weht aus einer anderen Richtung. Abschaffung der 300 Berliner Schwarzkittel fordert nämlich der Verband der Grundstücksnutzer. Die bange Frage: Was steckt dahinter? Und was ist das überhaupt für ein Verein – nutzen wir nicht alle irgendwo irgendwelche Grundstücke, ohne in diesen elitären Machtzirkel aufgenommen zu werden? Der Beruf sei nicht mehr nötig, weil inzwischen vor allem mit Gas geheizt werde, meinen die Schornsteinfegerkiller. Als ob das ein Argument wäre! Was leisten wir uns nicht für überflüssige Berufe: Schließlich gibt es U-Bahn- Fahrer, Bademeister, ADAC-Vorsitzende und Sozialsenatorinnen, deren Existenzberechtigung noch nie nachgewiesen wurde. Das „Forschungsinstitut zur Aufdeckung weltweiter Verschwörungen“ (FAWV) benennt mehrere potentielle Hintermänner für den Plan von der Abschaffung der flotten Feger: So wollen die christlichen Kirchen die Ausbreitung des heidnischen Aberglaubens („Schornsteinfeger bringen Glück“) verhindern; Gullytaucher und Hobbybergsteiger neiden ihnen die Chance, jederzeit jedem Berliner aufs Dach steigen zu können; die gut organisierte Lobby der DachgeschoßbewohnerInnen kämpft gegen gegen die Schwarzen, weil sie die Einschränkung ihres Grundrechts auf nacktes Herumlaufen bei offenem Fenster befürchten. Doch wie immer sitzen die wirklichen Strippenzieher im Senat: Der schwarze Umweltpeter fordert den Kehraus für die Kaminkehrer aus dem gleichen Grund wie Innenmeister Jörg Propper. Wie stände die Regierung auch da, wenn es in Berlin einen Berufsstand gäbe, der die wirklichen Probleme anpackt und dabei den Überblick behält – und das alles, ohne sich die Hände schmutzig zu machen. Bernhard Pötter

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