■ Querspalte: Ein Sommertagstraum
Sommer, Sonne, schönes Wetter. Triebe treiben, Wolken und Baumsamen fliegen in der Luft herum und landen in der „frauenfreundlichen Gose mit 4cl Kirschlikör“, die man an einem gutgelaunten frühen Nachmittag im Biergarten der Leipziger Gaststätte „ohne Bedenken“ trinkt, weil sich das so idyllisch urig anfühlt und auch kultig ist. Die Gose ist ein Traditionsgetränk und schmeckt ein bißchen wie Berliner Weiße. „Was unter den Blumen die Rose / ist unter den Bieren die Gose“, steht in der Speisekarte und „Mit dem Mädel fesch und schlank /Bei der Gose kühlen Trank / Wenn der Stoff im Glas moussiert / sich der Onkel amüsiert“. Zur Gose ißt man am besten „Tote Oma“, d.h. Grützwurst und denkt über verschiedene Fragen des Sommers nach. Zum Beispiel über Sonnenbrillen – jedes Jahr kauft man sich eine neue, jedes Jahr die falsche –, kurze Hosen – Ausziehen!!! – und Viagra. Seitdem das Potenzmittel auf dem Markt ist, rennen 300.000 amerikanische Männer mit Dauererektionen durch die Gegend und reden tagaus, tagein in Fernsehsendungen, in denen jedes „fuck“ durch einen Piepton ersetzt wird, begeistert über ihre Dauererektionen. Scheußlich irgendwie und eklig. Lang lebe die Gose und der Antiamerikanismus!
Der Osten ist besser! Obgleich einiges seltsam anmutet. Was nicht schlecht sein muß. Nach einer jüngst erhobenen Untersuchung haben mehr als zwei Drittel der polnischen Ehepaare ihren Ehepartner noch nie nackt gesehen. Wenn man das in einem Land liest, in dem Busen und Autos den Ton angeben und erwachsene Männer sich nicht schämen, in kurzen HJ- bzw. FDJ-Hosen durch die Gegend zu rennen, klingt das durchaus sympathisch. Grad weil auch die Polen durchschnittlich 60 Prozent besser aussehen wie wir hier, denkt man am Nachmittag beim Bier und einer leckeren polnischen „Sex-Sport“-Zigarette. Die Gose, die es nur in Leipzig gibt, gilt übrigens als potenzfördernd. Detlef Kuhlbrodt
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