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■ QuerspalteMaximo Lider

Wer abends statt ein Nachtgebet zu sprechen, dem menschlichen Forschergeist dafür dankt, daß wir in einer – und in was für einer – Informationsgesellschaft leben dürfen, den wird vor ein paar Tagen auch folgende Meldung nicht erstaunt haben: Fidel Castro erklärte auf dem „sogenannten Karibik- Forum“ (Frankfurter Allgemeine) in der Dominikaischen Republik, daß die Globalisierung unvermeidlich und es vergeblich sei, sich ihr entgegenzustellen. Castro wäre nicht Fidel, wenn ihm nichts Besseres einfiele: Durch eine „Globalisierung der Brüderlichkeit“ solle diejenige, die wir kennen, ersetzt werden, weil sie die Welt in ein „gigantisches Kasino“ verwandelt habe.

Habe? Hat. Zur selben Zeit, von einem Ort ein paar hundert Kilometer nördlicher traf die Meldung ein, daß John Lennon nicht mehr lebt. Wußten Sie das? Na klar, wir leben ja... siehe oben. Aber daß sein Tod schon wieder fast zwanzig Jahre her ist? Während die Stones immer noch auf ihrer niemals endenden Tour sind? Und jetzt kommt die Nachricht: Das Autogramm, das er höflicherweise einem gewissen Mark David Chapman gegeben hat, soll jetzt verkauft werden. Für 3,2 Mio Mark. Der Schätzpreis ist weniger interessant als der erste Satz der Agenturmeldung, der vom „wahrscheinlich“ letzten Autogramm des „Ex-Beatle“ spricht. Also wenn etwas sicher ist in dieser Zeit der Erschütterungen und Unwägbarkeiten, dann daß John Lennon nach diesem Autogramm kein weiteres zu geben vermochte: Die Tinte auf dem Plattencover war noch nicht trocken, da wurde Lennon von Chapman erschossen.

„Schüsse reißen die Luft“, sang der inzwischen aus blanker Globalisierungsnot börsennotierte David Bowie in der deutschen Version von „Heroes“. (Eine deutschsprachige Single der Beatles hieß „Komm, gib mir deine Hand“). Und wenn der Pulverdampf verflogen ist, plädiere ich für Lucky Luke als máximo lider in einer Welt, die bersten wird vor globalisierter Brüderlichkeit. Dietrich zur Nedden

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