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■ QuerspalteDeutsche Eggen auf dem Seinfeld

Schon mal was von George gehört oder von Elane, Jerry und Kramer? Nein, und ihr habt auch nicht vor, eure Kinder nach den Göttlichen zu benennen? Wer das überhaupt sei? Schrullige Amerikaner? Abgedrehte Großstadtsingles? New Yorker Schwafelköpfe? So nicht, Freunde.

Laßt endlich ab vom Kleinbürgernerv und deprimierenden Grau der Lindenstraße, vergeßt den pädagogischen Zeigefinger eines Bill Cosby, schließt die Augen bei Guten wie bei Schlechten Zeiten. Irgendwann könnte sich die Schau dieser situativen Luststücke rächen. Ist der Sehstrang erst gelähmt und der Geschmack versaut, verfällt alle Welt in den Konjunktiv. Zu spät. Darunter leiden müssen dann wirklich gute Serien. Seinfeld zum Beispiel. Das ist die erfolgreichste amerikanische Sitcom. Hat dort ein paar Dutzend Millionen Amis pro Folge an die Schirme gebracht und die Tresorräume sämtlicher Filialen der Bank of America gefüllt. In Deutschland aber behandelt man das gute Stück wie schwer kontaminierten Atommüll. Verklappt es mal in Kabel 1, macht es unkenntlich im Nachtprogramm oder schiebt es ins Zwischenlager bei Pro Sieben. Wenn sich sonst irgendein Sonnyboy in Santa Monica mit Exkrementen beschmiert und laut „Kick me!“ ruft, dann kann man sicher sein, das bald als neuen Trendsport in Europa erleben zu dürfen.

Nicht so bei Seinfeld, denn Seinfeld ist gemein und gefährlich. Da fällt im allabendlichen Patschenkino schon mal die Extrawurst von der Stulle, wenn detailreich über Verhütung diskutiert wird. Okay, Seinfeld lief auch schon im Vorabendprogramm zwischen Urkel Steve und Schrecklich Netten Familien, aber nur kurz. Andreas Bartl, Programmchef bei Pro Sieben, hat dann zur Sense gegriffen und gesagt: „Seinfeld hat auf diesem Timeslot nur junge, gebildete Männer zwischen 14 und 29 angesprochen.“ Oder: „Humor ist kulturell geprägt und nicht übertragbar.“ Gähn. Ausflüchte. Die Internet-Initiative „Contra Sieben“ weiß, was zu tun ist: „Bomb Unterföhring!“ Markus Völker

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