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■ Querspalte: In Italien füllen sich unaufhaltsam die KnästeUnd die wenigen draußen?

Niccolo Amato, seit zehn Jahren Oberaufseher über Italiens Gefängnisse, hat Alarm geschlagen: Wenn das so weitergehe, müsse er mindestens doppelt, wenn nicht gar drei- bis viermal soviel Platz in seinen Gefängnissen haben, die derzeit sowieso schon heillos überfüllt sind.

Grund für diese Inanspruchnahme: Nicht nur, daß die neugeschaffenen Spürhund-Abteilungen der Antimafia-Polizei zu Tausenden bisher unbehelligt dahinlebende Bosse einliefern – die Burschen bleiben mittlerweile auch alle drin. Nix mehr da mit schneller Wiederentlassung, kein Freispruch mehr wegen Mangels an Beweisen. Die Capi sitzen, zusammen mit einem meist vielköpfigen Hofstaat, in den Zellen und sollen da bis zum seligen Ende weiterbrummen.

Doch auch das ist noch nicht das dickste aller Eier: wenn die Hochrechnungen halten, die Staatsanwälte und Journalisten derzeit aufgrund der Enthüllungsgeschwindigkeit in den Korruptionsskandalen aufgestellt haben, sind alleine im Laufe von 1993 mehr als 50.000 neue U-Häftlinge zu gewärtigen. Doch nicht genug: Nebenher beginnen jetzt die ersten Prozesse, und danach werden vermutlich gut zwei Drittel der jetzt wegen Geständigkeit wieder Freigelassenen ihre drei oder vier Jahre absitzen müssen. Da kommt man leicht auf 3- bis 400.000 und mehr Knastbrüder und -schwestern bis zur Jahrtausendwende.

Die von Amato vorgeschlagene Lösung geschwinder Neubauten empfiehlt sich dabei allerdings auch nicht so recht: waren doch gerade in diesem Zusammenhang erstmals Minister und hohe Beamte wegen Bestechlichkeit im Zusammenhang mit der Bauvergabe für neue Knäste ins Kittchen gewandert und haben so die Knast-Population weiter befruchtet.

Bedenkt man, daß alsbald sowieso die Frage entschieden werden muß, wo das Parlament künftig tagt – schließlich ist schon mehr als ein Viertel der derzeitigen Abgeordneten und Senatoren in Ermittlungsverfahren verwickelt, es kommt der Tag, wo die absolute Mehrheit nur noch im Knast auffindbar ist –, so ergibt sich wohl auf Dauer nur eine einzige rationale Lösung: die Bösewichter bleiben draußen, die nicht Belasteten gehen in den Knast.

Darin sind sie wahrscheinlich viel besser vor den eigenen Volksvertretern, korrupten Beamten und blutgierigen Mafiosi geschützt als wenn die Chose, wie bisher, andersherum abläuft. Werner Raith, Rom

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