■ Querspalte : Brief an Scheich Jaber al Ahmad Al-Sabah: Männer der Wüste
Hallo Scheich, altes Haus! Ich hoffe du entsinnst dich noch an mich. Ich bin's, Stormin' Norman, Dein Befreier. Damals, als Du so gemütlich in Riad hocktest, während wir den alten Saddam fertigmachten, hattest Du ja versprochen, Wahlen zu veranstalten, wenn wir Dich nur wieder in Deinen hübschen Palast in Kuwait City setzen würden. Ehrlich gesagt, ich dachte, Du hättest es vergessen. Ein Scheich hat schließlich eine Menge um die Ohren. Bei uns haben übrigens einige Journalisten allen Ernstes behauptet, wir hätten diesen wunderschönen Krieg der kuwaitischen Demokratie zuliebe geführt. Als ob wir, nichts für ungut, wegen solch einem lächerlichen Ölfleck auf der Landkarte 540.000 Mann in Marsch setzen würden. Na ja, der jämmerliche Zivilist im Weißen Haus hat das zum Glück schnell richtiggestellt.
Nun höre ich, daß es tatsächlich Wahlen gegeben hat. Herzlichen Glückwunsch, old boy, Du bist ja ein Demokrat von echtem Schrot und Korn. Daß von den 600.000 Einwohnern nur 81.400 wählen dürfen, finde ich ganz okay, aber müssen es ausgerechnet die Nachfahren der Kuwaiter sein, die im Jahre 1921 beim Aufbau der Befestigungsmauern von Kuwait City mitgewirkt haben. Daß dieses läppische Gemäuer nichts taugt, dürftest Du ja wohl gemerkt haben, als unser Freund Saddam Dir damals Feuer unterm Arsch gemacht hat, wie wir Wüstenfüchse zu sagen pflegen. Wenn Ihr schon mit solchem historischen Unsinn anfangt, wäre es doch wohl wesentlich angemessener gewesen, die Nachfahren der dreihundert gefallenen amerikanischen Soldaten an die Urne zu lassen.
Überhaupt finde ich es skandalös, daß Polizisten und Soldaten nicht abstimmen dürfen. Wo kommen wir hin, wenn der Mann in Uniform, der doch wie kein anderer dazu befähigt ist, der Welt seinen Stempel aufzudrücken, von der Politik ausgeschlossen wird. Apropos Mann. Das mit den Weibern finde ich Klasse. Wohin das Frauenstimmrecht führt, sieht man schließlich an unserem Präsidenten. Andererseits, den allerbesten Eindruck macht so was bei uns nicht. Ganz unter uns: Hättest Du nicht wenigstens drei oder vier Damen aus deiner Familie mitstimmen lassen können? Bei Euch hat das Parlament doch sowieso nichts zu sagen, da kommt es doch nicht drauf an. Ich weiß ja, das Herrscherhaus darf gar nicht wählen — prima Idee übrigens, wirkt richtig liberal —, aber diese eine Ausnahme hättest Du doch machen können.
Wie ich höre, hast Du sogar ein paar oppositionelle Kandidaten akzeptiert, Fundamentalisten, Intellektuelle und ähnliche Kameradenschweine. Ist das nicht etwas gewagt? Aber wenn es gar zu übel wird, kannst Du das alberne Parlament ja einfach auflösen wie Dein Alter 1976 und 1986. Oder ruf mich an. Ich hau' Dich wieder raus. Wir Männer der Wüste müssen zusammenhalten. Norman Schwartzkopf (alias Matti Lieske)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen