piwik no script img

Queen Elisabeth II. besucht IrlandWiedersehen nach 100 Jahren

Die britische Königin kommt für drei Tage nach Irland. Zuletzt war ihr Großvater König George V. auf der grünen Insel. Da war Irland noch eine Kolonie.

Mit Hut auf dem Sprung nach Irland: Die britische Königin Elisabeth II. Bild: reuters

DUBLIN taz | Als ob die Iren nicht schon genug Probleme hätten. Nun bekommen sie am Dienstag auch noch Besuch von Königin Elisabeth, und fünf Tage später kommt US-Präsident Barack Obama. Die Queen-Visite ist der erste Besuch eines britischen Staatsoberhaupts seit hundert Jahren. Elisabeths Großvater König Georg V. war 1911 nach Irland gereist. Damals war das britische Weltreich noch intakt, und Irland war eine Kolonie.

Seitdem hat sich einiges getan: der Osteraufstand von 1916, der Unabhängigkeitskrieg gegen die britischen Besatzer, die Teilung der Insel und der Nordirlandkonflikt, der mehr als 3.000 Menschen das Leben kostete. Durch den Friedensprozess hat sich die Lage mehr oder weniger normalisiert, die Iren gaben per Referendum ihren in der Verfassung verankerten Anspruch auf Nordirland auf, und so ist der Weg frei für einen Besuch der Monarchin.

Der Besuch illustriere die tiefen und herzlichen britisch-irischen Beziehungen und die moderne Entwicklung, die sie in der jüngeren Vergangenheit durchlaufen haben, freute sich der konservative irische Premierminister Enda Kenny. Nun steht die britische Monarchie ja nicht gerade für Modernität. Mit ihrem Pomp und ihren Ritualen, mit der Thronfolgeregelung und dem antikatholischen Heiratsverbot ist sie im 18. Jahrhundert stehen geblieben. Der irische Botschafter in London, Bobby McDonagh, sagte aber: "Die Freundschaft zwischen unseren Inseln und unseren Völkern war politisch, wirtschaftlich und kulturell nie enger als jetzt."

Die Kosten sind enorm - zehn, vielleicht zwanzig Millionen?

Dennoch geht man auf Nummer sicher, die Vorkehrungen zum Schutz von Elisabeth und Obama sind enorm - und teuer: zehn Millionen Euro, vielleicht zwanzig? Die Regierung will die genauen Kosten erst nach den Besuchen bekannt geben. Richard Boyd Barrett, der Abgeordnete der United Left Alliance, sagte empört: "Während die Bevölkerung durch Steuererhöhungen und Kürzungen zur Ader gelassen wird, lädt man eine der reichsten Frauen der Welt zu einem rauschenden Fest ein."

Für die Staatsbesuche gilt die höchste Alarmstufe. Diese wird mit den Aktivitäten einiger Abspaltungen der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) in Nordirland begründet. Davon gibt es inzwischen fünf, die miteinander konkurrieren. Die jüngste dieser Gruppen, die sich einfach nur "IRA" nennt, um die mehr oder weniger aufgelöste alte IRA zu provozieren, hat Anfang April den 25-jährigen katholischen Polizisten Ronan Kerr in Omagh mit einer Autobombe getötet.

Ein Sprecher einer anderen Splittergruppe sagte, dass die Queen ein "legitimes Ziel für militärische Operationen" sei: "Die Königin von England wird wegen Kriegsverbrechen gesucht und ist auf irischem Boden nicht willkommen." Die nordirische Polizei warnte, dass die Dissidenten ihre Schlagkraft verbessert haben. 2007 gab es 15 Terroranschläge, voriges Jahr waren es schon 40. Die Polizei schätzt, dass es 500 Dissidenten gibt. Die Autobombe, die den Polizisten getötet hat, sei Beweis, dass die Dissidenten sich auch technisch weiterentwickelt haben.

Zwei kontroverse Programmpunkte

Während Obama nur ein paar Stunden auf der Insel bleiben und Moneygall, das Heimatdorf seiner Vorfahren, besuchen wird, kommt die Queen für drei Tage. Kontrovers sind zwei Programmpunkte. In Dublin will die Königin den Croke Park besuchen, das Nationalstadion für die gälischen Sportarten. Es gehört der Gaelic Athletic Association (GAA), die Anfang des 20. Jahrhunderts eine Keimzelle für den Widerstand gegen die britische Besatzung war. 1920 feuerten britische Soldaten und Polizei während eines Spiels ins Publikum und töteten 14 Menschen, darunter den Kapitän des Teams aus Tipperary, Michael Hogan. Es war die Rache für die Ermordung von 14 britischen Agenten.

Die Iren gedenken der Toten, die im Kampf gegen die britische Herrschaft gestorben sind, im Garden of Rememberance in der Dubliner Innenstadt. Ausgerechnet dort will die Queen einen Kranz niederlegen. Verschiedene Organisationen haben angekündigt, dass sie den Garten vorher besetzen wollen. Die irische Polizei hat sich vorsichtshalber ein paar Wasserwerfer von den nordirischen Kollegen geliehen. Und die Polizei macht seit Wochen auch Hausbesuche bei Leuten, die sie als Störenfriede einschätzt, einige wurden prophylaktisch festgenommen. Die Regierung traut den "tiefen und herzlichen britisch-irischen Beziehungen" wohl nicht so recht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • B
    Beamish-Trinker

    ...na ja, man kann halt einen 700 Jahre alten Konflikt nicht von heute auf morgen beilegen und glauben, dass die Menschen auf beiden Seiten so einfach vergessen was war. Es braucht wohl schon zwei, drei Generationen Abstand zu den letzten Opfern dieses Konflikts, bis sich die Emotionen auf beiden Seiten weitgehend beruhigt haben.