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QUERSPALTENLieber Klaus Kuron,

■ herzliches Beileid aus dem schönen Nowosibirsk!

Wir wußten es ja schon immer. Aber trotzdem ist es doch im konkreten Fall schmerzlich zu erfahren: Die Welt ist ungerecht. „Die Rache ist mein“, spricht der Herr, aber das christliche Abendland deutscher Nation scheint von der Bibel auch nichts mehr zu halten. 12 Jahre, mein Gott — als ich heute die Deutsche Welle hörte, hatte ich schon einen kleinen Herzaussetzer. Da scheint ja der pure Haß bei Euch zugeschlagen zu haben, aber in unserem alten Kölner Amt saßen ja schon immer schlechte Verlierer. Verrat aus niedrigen Motiven wollen sie Dir andrehen, als ob es in unserem Job jemals hehre Motive gegeben hätte. Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung — also Klaus, unter uns — ich hab noch keinen getroffen, der dafür seine Birne hingehalten hätte.

Als wir noch jung waren, hieß es „Leistung muß sich wieder lohnen“. Das unterscheide uns doch von den plumpen Gleichmachern auf der anderen Seite. Doch was kam? Laufbahnrecht und öde Spesenabrechnungen statt Leistungslohn. Beförderungsstau wie bei der Bundesbahn — und das im zweitältesten Gewerbe der Welt. Daß wir da schließlich gar nicht anders konnten, als unsere Informationen meistbietend zu verkaufen, versteht sich — da sollen sich diese Kölner Laufbahnrechtler mal schnell wieder abregen. Landesverrat? Daß ich nicht lache. Als ich in Ostberlin auspacken wollte, haben die gleich abgewunken und gesagt: Wissen wir, wissen wir. Hat der Strauß doch längst alles dem Schalck erzählt. Übrigens soll Schmidtchen auch 'ne ziemliche Plaudertasche gewesen sein. Verglichen damit haben wir schließlich gute Arbeit für schlechtes Geld geleistet, und die Aufregung in Köln erscheint mir nicht nur heuchlerisch, sondern auch völlig unprofessionell.

Eins mußt du Dir allerdings sagen lassen, lieber Klaus: Dein Abgang war auch unter Deinem Niveau. Ich hatte mich schon so auf Dein Eintreffen in Nowosibirsk gefreut — die Langeweile ist hier ja ein echtes Problem — da hörte ich, Du hättest noch versucht, mit dem alten Boeden einen Deal zu machen. Daß das nicht klappen konnte, mußte Dir doch klar sein. Der war schließlich einer der wenigen Überzeugungstäter, die wir je hatten. Da kannst Du nun noch mal drüber nachdenken. Hast Du ja jetzt 12 Jahre Zeit zu. Laß von Dir hören, wenn Du eine Schreiberlaubnis bekommst; meine Adresse wird der BND ja wohl endlich rausgefunden haben. Dein Hans-Joachim Tiedge (trocken)

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