QUERSPALTE: Erotische Sprengbombe
■ Das Deutsche zwischen Rück-Stau und Schwach-Sinn
An Berliner Plakatwänden wirbt ein Film damit, er sei »die erotische Sprengbombe des Jahres«. Wenn man einmal von der Geschmacklosigkeit absieht, mit der hier Mordsmäßiges zu Werbezwecken eingesetzt wird, bleibt immer noch die Frage: Was ist eine Sprengbombe? Ja, richtig: eine Bombe, die sprengt. Gibt es noch andere?
Der blödsinnige Bruder der »Sprengbombe« ist der »Rückstau«. Die automobile Gesellschaft hat ja schon viel erlebt, aber wenn sich die Blechkisten verheddern, staut sich der Autostrom immer zurück, nie nach vorn. Trotzdem taucht der Rück-Stau in jedem besseren Verkehrsbericht zwischen Flensburg und Freiburg auf.
Einzelfälle? Mitnichten. In einer Zeit, in der uns die Ausrufezeichen nicht nur aus den Schlagzeilen der Busenblätter, sondern auch aus den 'SUPER !‘-Titeln anbrüllen und jeder Hilfslehrer spricht und schreibt wie ein Verfassungsrichter, sind Wörter ohne Vorsilben nichts mehr wert. Da wird in Behördenstuben solange zu-gewartet, bis dann endlich ab-gemahnt werden kann. Der Bürger wehrt sich mit einer Rück-Antwort. Wenn man Wohnungen zu horrenden Preisen nicht mehr an-mieten kann, müssen sie mit Omas Spargeld eben an-gekauft werden. Die sprachlichen Un-Kosten, die dabei entstehen, jagen nicht nur Betriebswirten eisige Schauer über den Rücken. Solch kommunikatives Un-Kraut hören wir von unseren lieben An-Verwandten ebenso wie von den Mit- Arbeitern (Arbeiter gibt's nicht mehr). Sinn machen diese sprachlichen Tiefflüge unter dem Diktat der Vorsilben nur dann, wenn man sie nennt, was sie sind: Schwach-Sinn. Bernhard Pötter
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