■ Putsch bei der Stadtreinigung: Sorgen entsorgt?
Wer bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben (BSR) einen Geschäftsbericht anfordert, bekommt diesen prompt. Doch das 60-Seiten-Werk gehört in den Altpapiercontainer. Denn der neueste Bericht stammt aus dem Jahr 1992. Diese Kleinigkeit belegt besser als tausend Worte, daß sich der Staatsbetrieb mit seinen 8.900 Mitarbeitern den Veränderungen auf dem Abfallmarkt langsamer anpaßt, als Berliner Milchtüten auf Brandenburger Deponien verrotten. Die Behäbigkeit der BSR ist deshalb so verhängnisvoll, weil die für den staatlichen Entsorger vorgesehenen Müllmengen rapide abnehmen, die Konkurrenz dagegen zunimmt. Die staatliche und bürokratisch aufgeblasene BSR muß also erheblich rationalisieren, um auf einem zunehmend privat organisierten Müllmarkt konkurrenzfähig zu werden. Der „Grüne Punkt“, die Berliner Sonderabfallgesellschaft, das Berliner Abfallwirtschaftsprogramm und das ab 1997 in der Republik geltende Kreislaufwirtschaftsgesetz werden noch so mancher Mülltonne gähnende Leere bescheren. Die alte Führungscrew hatte auf diese begrüßenswerte Entwicklung offensichtlich keine Antwort, das heißt keine neuen Aufgaben für die BSR finden können. Pieroth, erst ein halbes Jahr Aufsichtsratsvorsitzender, hat mit dem Auswechseln des Vorstands innerhalb von einer Woche bewiesen, wie schnell er dagegen reinemachen kann.
Pieroth läßt auch dem neuen Vorstand nicht endlos Zeit. In sechs Monaten – also noch vor den Abgeordnetenhauswahlen – will der ansonsten lahme Finanzsenator Ergebnisse sehen. Bis dahin muß klar sein, wann die 2.500 Stellen bei der Stadtreinigung abgebaut sein sollen und mit welchem Konzept sich die BSR auf dem Müllmarkt behaupten will. Dirk Wildt
Bericht auf Seite 18
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