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■ Pünktlich zum Somalia-Bundeswehreinsatz veranstaltet Bonn in Ghana eine Konferenz zur Neudefinition der deutschen Afrika-Politik. Welche Bedeutung Deutschland Afrika tatsächlich beimißt, zeigt die Qualität des diplomatischen PersonalsBonner Luschen mit Platz an der Sonne

Johannesburg (taz) – Der deutsche Außenminister Klaus Kinkel hegt, das gilt bei seinen Untergebenen in aller Welt als gesichert, ein spezielles Interesse für Afrika. Doch bisher kümmerte er sich wenig um den Kontinent am Südufer des Mittelmeers – unbestrittenermaßen blieb angesichts europäischer Krisen kaum Zeit. Jetzt aber ist es soweit: Ab dem heutigen Montag treffen sich Bonns Afrika- Botschafter mit Kinkel in Ghanas Hauptstadt Accra zu einer Konferenz.

Das letzte ähnliche Treffen fand im Jahr 1987 statt. Optimisten hoffen, daß diesmal als Ergebnis eine Bonner Afrika-Politik herauskommen könne.

So viele deutsche Botschaften in Afrika wie möglich

Sparbewußte glauben, die Diplomaten und ihr Chef sollten mehr über Zweck und Ausgaben der Vertretungen in vielen Ländern Afrikas nachdenken. Denn noch aus den guten alten Zeiten des Kalten Krieges – lang lebe der 1955 in der Hallstein-Doktrin formulierte Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik Deutschland für ganz Deutschland – stammt die Bonner Sitte, einen Botschafter in möglichst jede Hauptstadt zu schicken. Alles andere hätte bedeutet, dem Konkurrenten DDR das Feld zu überlassen.

Die Hallstein-Doktrin wurde schon in den 70er Jahren begraben. Aber das Erbe des 1982 verstorbenen Adenauer-Staatssekretärs Walter Hallstein lebt fort: Das überfällige Ende des Alleinvertretungsanspruches sorgte für noch mehr Botschafterposten. Denn nun fühlte Bonn sich verpflichtet, Diplomaten auch noch in die Hauptstädte zu entsenden, in denen bereits DDR-Botschafter residiert hatten.

Ob Madagaskar oder Botswana – in Zeiten, in denen Bonn die Kasse mit immer mehr Steuern auffüllt, werden somit weiter eifrig Botschafter in alle Welt geschickt. Sie übernehmen Posten, die im inoffiziellen Sprachgebrauch des Auswärtigen Amtes als solche „mittlerer Bedeutung“ gelten. In der Rangliste rangieren sie somit ganz unten. Denn ansonsten gibt es noch Posten mit „spezieller“ und mit „normaler“ Bedeutung.

Bonner Diplomaten, denen in Bonn keiner glaubt

Der große Vorteil der Botschaften, die in Wahrheit ohne Bedeutung sind: Sie bieten sich als hervorragende Vorruhestandsposten für abgehalfterte Diplomaten an. Im südlichen Afrika dienen gegenwärtig gleich drei Staaten für solche Entsendungen. In Mosambik und Simbabwe warten die Botschafter auf das Rentenalter, in Angola wurde der deutsche Vertreter wegen des erneuten Ausbruchs des Bürgerkrieges in der zweiten Hälfte von 1992 vorzeitig nach Hause geholt.

Die Frage nach dem Sinn drängt sich auf, weil Bonn den eigenen Botschaftern nicht einmal glaubt: Als der Missionschef in Angolas Hauptstadt Luanda vor den ersten Wahlen in der Geschichte des Landes im September 1992 die richtige Vorhersage wagte, daß Jonas Savimbi, Führer der Rebellenbewegung Unita, verlieren würde, reagierte das Auswärtige Amt ungläubig und setzte auf Savimbis Sieg. Die Vertretung in Kenias Hauptstadt Nairobi muß sich ähnlicher Vorbehalte erwehren. Der Grund: Die Beamten in Bonn glauben lieber den Darstellungen einer gewissen großen deutschen Tageszeitung.

Üppige Gehälter, großzügige Urlaubsregelungen, Wohn- und Repräsentationskosten für Diplomaten summieren sich zu einem ansehnlichen Betrag, den die deutschen Vertreter im armen Afrika ausgeben. Dank gespannter Haushaltslage herrscht aber auch im Auswärtigen Amt ein neuer Zeitgeist. Bisher bezahlte der Steuerzahler bei Umzügen bis zu zehn Kubikmeter Fracht der Diplomaten. Die neue Regelung: Die Umzugskosten werden nun in unbegrenzter Höhe übernommen. Dies dürfte sich vor allem auf den Export von steinernen Shona- Skulpturen aus Simbabwe positiv auswirken.

Aber nicht nur manche Kosten und Botschafter erscheinen überflüssig. „Ich weiß eigentlich nicht, was der überhaupt macht“, rätselte ein Mitarbeiter der Botschaft in Simbabwes Hauptstadt Harare über einen Kollegen, der fast jeden Nachmittag auf diversen Golfplätzen verbringt. Die Erklärung ist einfach: Der Mann arbeitet in halb-geheimer Mission für den Bundesnachrichtendienst. Willi Germund

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